Wie immer

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Wie immer

Wie immer

Yupag Chinasky

“ Langsam fängt ihr Körper an, sich zu bewegen, einen Fuß nach links, den anderen nach rechts, eine halbe Drehung des Körpers, eine Verlagerung des Hüftknicks in die entgegengesetzte Richtung. Sie wirft den Kopf in den Nacken, der Blick richtet sich zur Decke, er scheint durch die Bohlen, durch das Wellblech hindurchzudringen, bis zum Himmel empor. Dann eine plötzliche Drehung um die eigene Achse, ein Vibrieren geht durch den Körper, alles Fleisch erzittert, der Busen, der Bauch, der Po, während das Bandoneon schluchzt: „Küss mich, küss mich so leidenschaftlich, als wäre es heute Nacht das letzte Mal.“ Dann erstarrt sie zunächst, fängt aber gleich an, sich langsam zu drehen, langsam auf der Platte herum zu stolziert und dabei schiebt sie erst einen, dann den anderen Träger des Kleids über die Schultern. Beide Hände umfassen ihre Brüste, als müsse sie das rote Kleid festhalten, es daran hindern, den Körper vorzeitig hinabzugleiten, vorzeitig die gewollte Enthüllung zu vollenden.

Die Männer verfolgen den Tanz gespannt, immer wieder johlen, schreien, applaudieren sie. Die Frau lächelt mokant, bewegt den Kopf hin und her, die Haare flattern. „Ich will dich ganz nah bei mir sehen, mich in deinen Augen sehen, dich mit mir zusammen sehen.“ Nun bückt sie sich, die Hände ziehen endlich das Kleid nach unten, die Wölbungen der Brüste werden immer deutlicher, der filigrane rote BH in seiner Gänze sichtbar. Sie wackelt mit dem Oberkörper und dem Hintern, ihr ganzer Körper kommt in Bewegung, erneut geht ein Zittern durch ihr Fleisch. Ihr Blick wandert wild von einem zum andern, ihr gebeugter Körper wendet sich jedem Einzelnen zu, ihr Mund sucht die Nähe eines jeden Mundes, angedeutete Küsse werden ausgetauscht. Dann richtet sie sich wieder auf und die Hände zerren nun weiter an dem Kleid, als sei es festgeklebt, als müsse es Zentimeter für Zentimeter von der Haut gelöst werden.

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