Wie immer

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Wie immer

Wie immer

Yupag Chinasky

Möglicherweise spürte sie aber den Blick in ihrem Rücken und wusste genau, dass sie nicht mehr allein war. Vielleicht wusste sie sogar, wer dort im Türrahmen stand und sie anstarrte und sie wollte diesen jemand provozieren oder ihm ihr Desinteresse zeigen. Jedenfalls verharrten beide eine ganze Weile in ihrer stummen Haltung. Dann beugte die Frau sich wieder über die Spüle und setzte ihre Tätigkeit fort und der Mann sah, wie ihre Oberarme, die genauso stramm und dunkel waren wie die Waden, sich verhalten bewegten. Die Hände konnte er nicht erkennen, ihre Tätigkeit nur ahnen. Dann endlich, nach einer endlosen Weile, dreht die Frau sich halb um, dabei fuhr sie mechanisch mit ihrer Tätigkeit fort, ein weiteres Zeichen, dass der Gast ziemlich unbedeutend oder vielleicht gar nicht willkommen war. Erst als der Mann sich wortlos aus seiner starren Haltung löste, einen Schritt auf sie zuging, hörte sie mit ihrer Arbeit auf, drehte sich vollends um und nun standen sich beide aufrecht gegenüber, wobei er sie um deutlich mehr als Haupteslänge überragte. Er konnte nun auch an ihrem Gesicht erkennen, dass sie weder erstaunt noch überrascht, aber auch alles andere als erfreut war. Immer noch sagte keiner ein Wort.
Das Gesicht der Frau war sehr markant, mit ausgeprägten Wangenknochen, großen, dunklen Augen, einer feinen Nase, einem harten, kleinen Mund und einem ebenso harten Kinn. Besonders hübsch war es nicht gerade, aber es war auf jeden Fall eines, das man nicht so schnell vergaß, wenn man es einmal gesehen hatte. Das Gesicht einer Frau zwischen 30 und 40 Jahren, etwas verhärmt, aber vom Leben noch nicht vollends enttäuscht und auf eine geheimnisvolle Weise attraktiv und interessant. Nicht nur die Gesichtszüge, auch die dunkelbraune Hautfarbe und die elfenbeinfarbenen, üppigen Haare waren ein unübersehbares Zeichen, dass diese Frau eine beträchtliche Menge Indioblut in ihren Adern hatte.

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