Sie klärt ihn nicht auf, um welche Sünden es sich bei ihr handelt und gibt auch keinen Hinweis, was sie selbst glaubt, aber etwas muss sie glauben, sonst würde sie nicht das kleine, goldene Kreuz um den Hals tragen, das jede Gelegenheit nutzt, seinen sicheren Platz zwischen den Hügeln zu verlassen. Sie lässt die Sache mit Gott und dem Glauben auf sich beruhen und fragt stattdessen, ob er Hunger habe. Dabei fällt ihr etwas ein. Sie schlägt sich an die Stirn, legt das Handtuch hin und sagt, dass sie eine schlechte Gastgeberin sei, weil sie ihrem Gast noch nicht einmal etwas rechtes zum Trinken angeboten habe, dabei habe sie ihm doch einen Kaffee versprochen. Er murmelt etwas von macht nichts, aber ein Schluck auf den Schrecken und die Schmerzen und um den letzten Dreck aus der Kehle zu spülen, wäre nicht verkehrt. Die Frau steht auf und holt aus dem großen Schrank eine Flasche ohne Etikett und aus der Küche ein zweites Glas. Sie habe hier einen guten, selbst gebrannten Gin von den Walisern, die im Dorf wohnen. Er solle auf den Schreck trinken, dann würde es ihm wieder besser gehen. Sie füllt beide Gläser mit dem wasserklaren Gin , hebt das ihre und sagt „salud“. Sie trinken. Der Gin ist sehr stark. Er schüttelt sich, aber der Alkohol tut ihm gut, noch mehr Wärme durchströmt seinen Körper.
Die Frau hat das Glas ohne mit den Wimpern zu zucken geleert. Sie hat wohl Übung, denkt er. Nach einer kurzen Weile des Genießens und des Schweigens, kommt sie auf die Frage zurück, ob er Hunger habe. Den Kaffee hat sie vermutlich schon wieder vergessen, er erinnert sie aber nicht, dafür nickt er. Ja, er habe heute noch nicht viel gegessen und er erzählt ihr von dem kargen Frühstück mit kaltem Pulverkaffee, dem trockenen süßen Gebäck und dem lätschigen Sandwich. Wieder ertönt ihr Lachen und ein irgendwie verschmitzter Gesichtsausdruck erscheint auf ihrem breiten Gesicht mit der kleinen Nase, dem großen Mund und den ausgeprägten Wangenknochen.
Wind 1
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