Wind 1

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Wind 1

Wind 1

Yupag Chinasky

Dann will er den Hund verscheuchen oder beruhigen, aber wie? Dieser zerrt immer wilder an der Kette, stellt sich auf die Hinterbeine, bellt wie verrückt und es gibt keine Möglichkeit, an ihm vorbei zur Haustür zu gehen. Er will schon aufgeben, sich zurück ziehen, doch lieber zum Auto gehen und in das Dorf fahren, als sich die Haustür öffnet. Eine Frau steht im Türrahmen und ruft dem Hund etwas zu, der sich langsam beruhigt und schwanzwedelnd zu seiner Herrin kriecht und sich hinlegt. Sie bückt sich und streichelt ihn, dann richtet sie sich wieder auf und winkt dem Mann am Gatter zu, er solle näher kommen.

Während er, immer noch zögernd, nicht sicher, wie er sich wegen des Hunds verhalten soll, in Richtung Haustür geht, doch der ist anscheinend gut erzogen, er bleibt liegen und muckst sich nicht mehr, hat er Gelegenheit, das Bild der Frau in sich aufzunehmen. Sie ist klein und gedrungen, vielleicht Mitte dreißig, Anfang vierzig und besitzt, ihrem scharf geschnitten Gesicht und den schwarzen, langen Haaren nach zu urteilen, vermutlich eine Portion Indioblut in den Adern. Trotz des strengen Gesichts sieht sie ganz gut aus. Sie trägt eine intensiv violette Bluse mit einem großzügigen, dreieckigen Ausschnitt, den ein Volant mit schwarzer Applikation verziert und einen kurzen, hellen Rock mit bunten Blümchen. Die Hüfte ist ausgeprägt, die Taille kaum vorhanden, dafür ist der Po wohlgeformt und unter der Bluse zeichnet sich neben dem festen Busen auch ein deutlicher Bauchansatz ab. Die Beine sind kompakt und stämmig, die Füße stecken in einfachen Plastiksandalen. Er wundert sich, dass die Frau so leicht bekleidet ist, aber in der Wohnung ist es vermutlich warm. Wenn sie sie bei diesem Wetter ins Freie geht, denkt er, wird sie sich wohl etwas anziehen. Dann steht er auch schon vor der Haustür und erklärt ihr radebrechend und ziemlich aufgeregt sein Anliegen. Sie mustert ihn misstrauisch, doch noch während er redet, verändert sich ihr Blick und ihre dunklen Augen werden freundlicher. Sie unterbricht ihn, indem sie ihn am Arm fasst und in das Haus zieht, damit sie die Tür wieder schließen kann und der heulende Wind draußen bleibt.

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