Die Kinder blickten sich erstaunt an und wussten nicht, was sie von ihren verjüngten Eltern halten sollten. Auch äusserlich blühte Esther auf. Sie hatte ein paar neue BHs erstanden, einen knackigen, bunten Bade-Zweiteiler und geringelte Socken. Darauf stand ihr Mann. Zudem war sie beim Friseur gewesen und sah wirklich klasse aus. Auch Oliver liess sich nicht lumpen und bereicherte sein Urlaubsgepäck mit roten Shorts, ein paar T-Shirts mit frechen Sprüchen und einer Tanga-Badehose. Dann, am Flughafen, setzte Esthers Herz beinahe aus. Direkt am Fenster in der Warteecke sass Sylvie. Ihr Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden und sie sah zum Verzweifeln gut aus. Da war nichts mehr mit „Blondine ab der Aldi-Stange“. Sylvie entdeckte das Paar sofort und lief mit ausgestreckten Armen auf Oliver zu. Dieser hüstelte verlegen. “Ehm, Schatz, ich hab dir ganz vergessen zu sagen, dass Sylvie zufällig denselben Campingplatz gewählt hat wie wir. “Und da fährt sie allein hin?” Der Satz blieb Esther im Hals stecken. Der Flug verlief schweigsam. Sylvie hatte sich bloss ein Economy Class Ticket leisten können und entschwand in den hinteren Reihen. „Du hättest ruhig was sagen können”, fuhr Esther ihren Mann an. Das Verrückte war bloss: Sie konnte ihm nie lange böse sein. Er weckte bei Frauen eher Beschützerinneninstinkte und sah irgendwie aus, als hätten Phil Collins und Robbie Williams bei seiner Entstehung je einen halben Gensatz geliefert.
Oliver zuckte die Schultern und küsste seine Frau auf den Mund. “Kommt schon gut”, sagte er zuversichtlich und klaubte den “Spiegel” aus dem Handgepäck. Der Flughafen in A. war winzig klein. Es gab da bloss zwei Landepisten. Für Esther stand fest: Sylvie war hier eindeutig die blondeste, schlankste und am geilsten angezogene Frau von allen. Da würde sie nie mithalten können. Unauffällig rückte sie ihren neuen BH zurecht.
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