Yvette Kokett

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Yvette Kokett

Yvette Kokett

Andreas

Die Schwarzhaarige huschte durch den kleinen und etwas verstaubten Buchladen. Yvette arbeitete gerne hier. Es gefiel der 32jährigen ja gerade so gut, dass der Raum wie aus der Zeit gefallen wirkte. Yvette mochte die Plakate, die von längst vergangenen Lesungen kündeten. Ihre dunklen, fast schwarz zu nennenden Augen bewunderten das Poster, auf dem ein etwas unwirsch wirkender Bob Dylan eine Ausgabe von Kerouacs “Unterwegs“ in die Kamera hielt. “On the Road“, wie das Manifest der Beat-Generation im Original hieß, kannte Yvette in und auswendig. Als dieser fiebrige Roman erschien, war Yvette noch ein junges Mädchen. Sie lächelte, sah sich selbst in diesen plüschigen Bonbonfarben, die jene Jahre auszeichneten. Nachdem sie Kerouacs Klassiker gelesen hatte, wollte sie sich nicht mehr in Geschenkverpackungen kleiden. Yvette bevorzugte nun Schwarz, das sie ab und an mit Rot kombinierte. So wie heute ihre pechschwarze Bluse mit dem weinroten Rock. Sie blieb bis zum heutigen Tag dabei, an dem dieses Abenteuer beginnt. Es war einmal in Berlin, im Jahre 1972…

Yvette wartete sehnsüchtig auf den Feierabend. Ihr Blick fiel auf das Schaufenster, das sie unbedingt putzen sollte. Sie entdeckte ein Buch, das wohl umgefallen war. Yvette hob es auf, um es wieder an seinen vorderen Platz zu stellen. Yvette kannte diesen Roman, den manche als Schund bezeichneten.
“Naughty Ninette“ lautete der sinnige Titel dieser englischen Originalausgabe. Der Autor sagte ihr nichts, zumindest nicht diesem Namen nach. Andrew Cole stand auf dem Cover der gebundenen Ausgabe. Der Besitzer des Buchladens überließ es Yvette, welche Neuerscheinungen in die Regale wanderten. Der fast 80jährige Herr hatte kein großes Interesse mehr an seinem Geschäft, das er eigentlich nur noch Yvette zuliebe betrieb. Yvette wischte mit dem Handrücken über besagtes Buch.

Sie musste so lachen, als sie es das erste Mal in ihren Händen hielt.

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Gedichte auf den Leib geschrieben