Mit einem unsicheren Lächeln im Gesicht folgte Laura ihrer Mutter Hanna in die Kräuterdampfsauna. Laura war das erste Mal hier und hatte sich von ihrer Mutter überreden lassen, den Abend mit ihr in der frisch eröffneten Saunalandschaft, zu verbringen. Beide Frauen betraten den Raum, in dem man vor lauter Dampf nichts sehen konnte, mit eng um den Körper geschlungenen weissen Badetüchern. Noch immer etwas verlegen, blickte Laura um sich. Ausser ihnen beiden sassen drei ältere Männer nebeneinander auf der einen Holzbank. Unvermittelt musste Laura an den berühmten Cartoon mit den drei Äffchen denken. Das eine sagt nichts und hält sich beide Hände vor den Mund. Das zweite hört nichts und legt sich beide Hände auf die Ohren. Das dritte sieht nichts und hält sich beide Hände über die Augen. Mit ihrem weissen Haarkranz glichen sich die drei in Würde gealterten männlichen Geschöpfe im wahrsten Sinne aufs Haar. Es handelte sich bei ihnen um die vom Aussterben bedrohte Spezies der Saunakäfer, mit voluminösen Bäuchen, unter denen sie ihre Zentralorgane problemlos verstecken können, und vernachlässigbaren, streichholzdünnen Extremitäten, Käferbeinchen und -zangen gleich.
Keine Männer, vor denen man sich schämen musste. Hanna, Lauras Mutter, atmete tief durch und liess ihr Badetuch an sich herabgleiten. Selbstverständlich wurden ihre Bewegungen von den „Drillingsbrüdern“ verfolgt, aber es waren eben Saunakäfer, die längstens geübt darin waren, den Blick nicht unangenehm lange auf nackten Frauenkörpern ruhen zu lassen. Einfach kurz hinschauen, taxieren und gut ist.
Der Dampf legte sich allmählich und gab den Blick frei auf Hannas Prachts-Torso. Sie war eine Bauersfrau aus der näheren Umgebung und bewirtschaftete mit Kuno, ihrem Gatten, einen grossen Hof mit Schweinen, Kühen, Ziegen, Hühnern, Apfel- und Pfirsichspalieren sowie weiten Kartoffeläckern, die zur Erntesaison von Asylbewerbern beerntet und vorher gepflügt wurden.
Zehennägel, rot lackiert - Teil 1
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Zehennägel, rot lackiert - Teil 1
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