Zombie-Fick

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Claudia Carl

Ich zögerte zunächst, ging dann aber doch rein. Ohne Maske.

„Hey“, sagte ich. „Was machst du denn hier?“

Er schaute mich irgendwie komisch an. Seine braunen Augen hatten einen ganz merkwürdigen Ausdruck, den ich noch nie bei ihm gesehen hatte. Gleichzeitig ließ er seinen Blick über meine Figur streifen, lüstern.

Lüstern?

Das musste ich mir einbilden, dachte ich und setzte mich an meinen Tisch. Ich wunderte mich, dass auch er keine Maske trug und mich nicht darauf aufmerksam machte. Er hatte eine aufgedrehte Ausstrahlung.
Ich setzte mich auf meinen Drehstuhl, öffnete die Schreibtischschublade und fing an, meine in vielen Jahren angesammelten Dinge zu sortieren. Nagellack und Halstabletten, Deo Roller und Mundspülung, stapelweise Visitenkarten von Geschäftspartnern, Teebeutel, Lippenstifte.

Plötzlich stand Urs neben mir.

Ich schaute verwirrt auf. Sein Abstand zu mir war eher 1,5 Zentimeter als 1,5 Meter.

„Was ist los? Willst du später wieder beim Chef petzen, dass ich keinen Abstand gehalten habe?“

Er grinste mich seltsam an.

„Ich bin geimpft!“ sagte er und grinste dabei wie ein Honigkuchenpferd zu Weihnachten.

„Ach….“ Was anderes fiel mir nicht ein. Dann musste ich aber doch nachfragen. „Wie kann das sein? Du bist doch noch nicht dran?“ Schließlich gab es doch diese unsägliche Impfreihenfolge.

„Mein Freund ist Arzt.“

Ich schaute ihm ins Gesicht. Es war seltsam rotfleckig. Auch am Hals hatte er roten Ausschlag, sah aus wie Neurodermitis. Aber am auffälligsten waren seine Augen. Die waren wässrig und blutunterlaufen und sein Grinsen so nah vor mir wirkte wie das Zähnefletschen eines Wolfes.

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