Heute kann ich nicht mehr nachvollziehen, was genau ich von Annelies eigentlich wollte – und schäme mich ein bisschen für diese Geschichte.
Nur eines weiss ich noch genau: Es war saukalt in unserem Schlafraum, und ich entdeckte in der Holztäfelung die eine oder andere Ritze, durch die man direkt nach aussen sehen konnte, in den glitzernden Schnee, in dem sich die Sterne der eisklaren Nacht spiegelten.
Wir hatten uns am Käsefondue gewärmt, die Annelies und ich, mit Freunden, und wir hatten auch reichlich hochprozentigen Schnaps getrunken – wohl wissend, dass dieser zwar die Brust wärmte, aber nicht wirklich. Man konnte in dieser Gegend auch bei Schnaps trinken erfrieren. Problemlos.
Die Skihütte war verdammt abgelegen, also nichts wirklich Mondänes. Aber wir wollten unseren Spass, die Annelies und ich, und wir haben uns einer Gruppe angeschlossen, die wir überhaupt nicht kannten. Ich verstehe mich auf Smalltalk und war rasch einmal integriert. Ich redete mit jedem und jeder über alles, freute mich an der Schwarzteetasse, den bequemen Holzstühlen und dem gemütlichen Ambiente im Speiseraum. Den ganzen Tag hatten wir auf den Skiern verbracht, und es hatte viel zu lachen gegeben.
Nur Annelies war auffallend still, schlürfte bedächtig ihren Tee, und mir fiel einmal mehr auf, wie hübsch sie war. Ich wusste, dass Annelies tiefgläubig war und respektierte diesen Zug an ihr – wenngleich ich befremdet war, wie stark der Glaube einen Menschen verändern und für sich vereinnahmen kann. So weit ich Annelies glauben konnte – und das konnte ich wohl – war sie noch unberührt – mal abgesehen von den paar Party-Knutschereien, um die eigentlich niemand herumkommt.
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