Es macht mich betroffen, was dieser furchtbare Virus angerichtet hat und womöglich noch anrichten wird.
Er erzählt und ich höre ihm einfach nur zu. Schon dabei merke ich, dass es ihm hilft. Ob er sonst niemanden hat, der ihm zuhört? Ich will, dass er weiß, dass ich ihm gerne zuhöre. Nicht nur aus beruflichen Gründen. Ich mag seine Stimme, sie hat etwas Beruhigendes. Ich möchte ihm helfen, nein, ich muss ihm helfen, seinen Lebensmut wiederzufinden. Niemand darf sein Leben selbst wegwerfen. Egal wie groß das seelische Leiden ist, man kann helfen … ich kann helfen.
Ich gebe ihm einen Termin für in drei Tagen mit. Dann hat er Zeit, sich unseren ersten Termin noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen und ich kann mir auch eine Strategie überlegen. Es ist irgendwie anders als sonst bei meinen Patienten. Ich mache den Job schon eine Weile und natürlich waren auch ein paar hübsche Männer dabei, aber auf ihn freue ich mich jetzt schon. Seine Geschichte und er als Mann sind eine Herausforderung für mich.
Leon: Gero hat den ganzen Tag genervt und wollte Details hören. Mein Verhältnis zu ihm geht deutlich über das Betriebliche hinaus. Aber erstens kann ich nach diesem Gespräch noch nichts Genaues sagen und zweitens ist es mir dann doch zu privat. Natürlich weiß er von meinem Selbstmordversuch, das wissen alle im Büro. Ich mache mir nicht die Mühe, die Narben zu verstecken, auch Frau Doktor hat sie sich mit sorgenvoller Miene angesehen.
Ich liege im Bett und denke nach. Natürlich hatten auch meine Eltern versucht, mich über Frau Angerer auszufragen. Aber auch ihnen gegenüber bleibe ich zurückhaltend. Die Fragerei nervt mich. Wenn es die Leute um mich herum so brennend interessiert, können sie sich ja selbst einen Termin bei ihr machen. Aber auch die nächsten Tage muss ich mich gegen zu aufdringliche Fragerei wehren.
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