Zwischen Tod und Auferstehung - Teil II

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Zwischen Tod und Auferstehung - Teil II

Zwischen Tod und Auferstehung - Teil II

Gero Hard

Sie kommt mir vor wie ein süßer, kleiner Hund, der in einer zauberhaft gezeichneten Szene von Walt Disney, mit seiner Leine die Beine eines schüchtern-zurückhaltend, verliebten Pärchens umwickelt, damit sie sich näherkommen und unweigerlich küssen müssen.

Nadine ist das Bindeglied zwischen ihrer Mutter und mir. Sie sieht die Dinge, wie sie sind und führt uns in ihrer unkomplizierten Art zusammen. Sie ist im Kopf viel weiter als Freya und ich. Ich vermute, sie hat bereits eine klare Vorstellung von unserer gemeinsamen Zukunft zu dritt.

Freya: „Bitte dringend Leon anrufen – Notfall!!“ Ein großer Zettel mit dickem roten Rand prangt mitten an der Kühlschranktür, gehalten von zwei dicken Magneten an den Ecken. Unser Kühlschrank ist so etwas wie unsere interne Kommunikationszentrale.

„Was ist passiert? Leon mein Schatz, hoffentlich hast du keine Dummheiten gemacht.“, murmele ich aufgeregt vor mich hin, während ich mit zittrigen Fingern mein Handy suche.

Kurzwahl „Leon“, es klingelt. Dreimal, viermal … dann seine Mailbox: „Hallo, hier ist die Mailbox von …“

Himmel hilf, wieso geht er nicht ran. Meine Knie flattern. Hitze steigt in mir auf.

Viel zu aufgebracht wühle ich in den Krankenakten herum, die unter „erledigt“ einsortiert sind. Sa … Sc … So … St … Stolberg, endlich. Ich muss mir eine andere Ordnung überlegen. Habe ich seine Festnetznummer aufgeschrieben, oder die seiner Eltern? „Sie sind verbunden mit dem Anrufbeantworter von …“ Mist, hier komme ich auch nicht weiter. Der nächste Anruf, seine Mutter, völlig entspannt. „Ne, nichts von ihm gehört.“, sagt sie, „ist wohl einkaufen. Von Problemen weiß ich nichts.“

Die Anspannung treibt mich auf die Toilette. Ich musste schon im Einkaufscentrum so dringend. Alles ist unwichtig geworden, als ich den Zettel gelesen habe. Gleich geht es schief und ich mache mir in die Hose. Die ersten unvorsichtigen Tropfen sind schon drin.

Entgegen meiner Gewohnheiten nehme ich das Handy mit. Falls er anruft, ich darf das auf keinen Fall verpassen. Wenn er wieder einen Schub hat und auf dumme Ideen kommt … was, wenn ich zu spät komme, ich würde es mir niemals verzeihen.

Nadine hat sich für das Abendessen abgemeldet und mir ist der Appetit gründlich vergangen. Das ungute Gefühl in meinem Bauch wird nicht besser. ‚NOTFALL‘ hat sie geschrieben. Tausend Sachen gehen mir durch den Kopf. Der schlimmste Gedanke wäre ein neuer Selbstmordversuch. Er wird doch nicht etwa?

„Hallo, hier ist Leon …!“ Fast hätte ich mich vor Schreck an dem heißen Tee verschluckt und mir die Zunge verbrüht, als das Telefon klingelt.

„Leon, endlich, Gott sei Dank, du hast dir nichts angetan! Was bin ich froh!“ 

„Angetan? Wieso sollte ich mir etwas antun?“

„Nadine hat mir einen Zettel aufgeschrieben, ich müsse dich unbedingt anrufen, es gäbe einen Notfall.“

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