Sehen

Asphalt-Mannequins

Luiz Goldberg

Die Straßen füllen sich, die Menge drängt sich dicht,
Erwartung schwebt in Lüften, heißes Sonnenlicht.
Einmal im Jahr zieht diese Schar durch Stadt entfacht,
Wie Fremde von den Sternen, Schönheit, die erwacht.
In hohen Schuhen klackern sie auf Stein entlang,
Makellos formiert, im Glanz der Roben Gang.
Die Stoffe schimmern hell, wie funkelndes Geschmeid,
Die Blicke hängen fest an ihrer Herrlichkeit.
Gesichter wie Skulpturen, poliert und makellos,
Die Menge starrt, erfüllt von Neid und Sehnen groß.
Ein Schauspiel, das die Kluft zur Welt der Schönen zeigt,
Wo Glanz und Pracht der Sterblichen Herz erzweigt.
Fotografen schwärmen, Kameras klicken laut,
Smartphones streben hoch, ein Bild, das man vertraut.
Die Schönheiten, erhaben, schreiten stolz dahin,
Wie Göttinnen, unnahbar, fern von Menschensin.
Doch plötzlich stockt der Glanz, die Zeit hält Atem an,
Ein smaragdgrünes Kleid fällt, stolpert eine dran.
Die hohe Ferse bricht, der Schritt wird jäh zerstört,
Ein Aufseufzen der Menge, das die Stille stört.
Die Kameras verstummen, Blicke ruhen still,
Auf ihr, die nun am Boden, doch erheben will.
Helfende Hände reichen, doch sie steht allein,
Ein Lächeln, fast verlegen, bricht durchs Antlitz rein.
In ihren Augen funkelt ein verletzlich Licht,
Ein Hauch von Menschlichkeit im perfekten Gesicht.
Die Menge flüstert leise, ein Gedanke weht:
„Sie ist wie wir“, ein Wort, das tief ins Herz hin geht.
Der Glamour weicht für einen Augenblick zurück,
Und zeigt in ihrer Schwäche wahres Menschenglück.
Die Schönheit, die sie trägt, ist nicht nur Glanz und Schein,
Im Stolpern wird sie echt, wird einer von uns sein.
Die Menge sieht’s und spürt, wie nah sie plötzlich ist,
Ein Funke, der die Kluft zur Göttin überlist’t.
Der Augenblick verweilt, die Zeit wird sanft gestreckt,
Ein Bild der Menschlichkeit, das Herzen tief bewegt.
Die Straße lebt nun weiter, doch der Zauber bleibt,
Ein Moment, der die Seele mit dem Schönen reibt.
Die Schar zieht weiter fort, der Glanz kehrt langsam ein,
Doch ihre wahre Größe war das Menschlichsein.

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