Sehen
Aus den Predigten des Stadtstreichers E. aus G. – Erste Predigt
Von einem Sonntag, 12. November
...ich will euch sagen,
was passiert,
was passieren kann,
wenn man so beschissen worden ist wie ich –
und es erkannt hat.
Fast jeder wird ja beschissen,
doch kaum einer merkt’s.
Alle nehmen’s hin,
halten alles für „so ist es eben“ –,
ja, das Leben!
Leben!
Ich mach mir nichts mehr vor.
Ich seh nur noch klar.
Nicht viel anders als wie wenn ich auf Koks wäre,
aber es spielt einfach keine Rolle,
ist einfach scheißegal –,
ich könnte genauso gut von einem meiner Träume reden
und sagen: so ist es!
Ja, ich bin eben aufgewacht.
Beschissen von wem?
Na, wenn das so einfach wäre,
das auseinanderzudröseln.
Ich weiß nur, was hier vorherrscht:
´ne Scheiß-Dummheit,
allzugroßer Egoismus,
und das wird es sein.
So im Groben.
Zeitalter der Technik,
Zeitalter der globalen, digitalen Medien,
der Kommunikation,
der Information,
Zeitalter des Wissens-,
des Körper-,
des Sex-Kultes,
Zeitalter des „American-way-of-life“.
Kennt ihr die Ammis?
Nein?
Ein irres Völkchen,
ja doch –,
aber ich war noch nie dort,
will auch nicht hin.
Ja, was wollt ich noch sagen…?
Ach ja,
Es ist so beschissen geworden,
so beschissen geworden,
daß mich unsere Kids ankotzen,
die dieses verkackte Zeitalter repräsentieren.
Unsere Alten hatten sich noch gewünscht,
daß es den Kindern mal besser gehen sollte... –,
ich aber wünsche nichts mehr,
als daß es ihnen dreckig geht.
So dreckig,
daß sie auf einen Schlag begreifen,
was für ein Haufen idiotischer Arschlöcher sie sind.
Intelligente-Schöne-Potente.
Pfui Teufel!
Und sie wissen, worauf es ankommt.
Auf den letzten digitalen Schrei,
auf das, was zuletzt über den großen Teich herübergeweht ist,
ja doch.
Wer hat uns bloß gesagt,
daß wir diese ganze Scheiße brauchen?
Also, die Fahnen aufgestellt –,
jawoll Herr Sterne-und-Streifen!
Laßt uns unsere neuste Hymne anstimmen:
„Hurra, wir verblöden!“
Im Techno-Beat,
und auf englisch –,
versteht sich!
Nicht spucken will ich in diese Suppe,
nein, reinkotzen –,
und trotzdem wird’s keiner merken.
Soviel schlechter Geschmack
ist nicht zu überbieten.
Wohin sind wir gekommen,
wohin wird’s gehen?