Sehen

ausgesaugt und ausgespuckt

Luiz Goldberg

Es war stockdunkel im Zimmer,
nur das schwache Licht der Straßenlaterne
sickerte durch die Jalousien
und warf Streifen auf ihr Gesicht.

Sie lag da,
blass wie Porzellan,
die Lippen leicht geöffnet,
als würde sie atmen –
aber das tat sie nicht wirklich.

Nicht für mich.

Ich hielt den Pfahl fest umklammert,
das Holz rau und kalt,
die Spitze scharf geschliffen mit meinem Taschenmesser.

Ein Relikt aus dem Garten,
ein alter Zaunpfosten,
den ich vor Stunden ausgegraben hatte.

Meine Hände zitterten.

"Vampir", murmelte ich.

So nannte ich sie seit Monaten.

Sie saugte mich aus:
meine Energie,
mein Geld,
meine Seele.

Kam nachts,
nahm, was sie brauchte –
Sex, Geld, Aufmerksamkeit –,
und spuckte mich am Morgen aus
wie einen gebrauchten Kaugummi.

"Du bist nichts wert",
flüsterte sie dann,
zog sich an
und verschwand,
bis zum nächsten Mal.

Heute Nacht war Schluss.

Ich hatte es geplant.

Der Pfahl sollte in ihr Herz dringen,
dieses kalte, schwarze Loch,
das mich verschlang.

Ich hob ihn hoch,
zielte auf die Stelle über ihrer linken Brust.

Ihr Nachthemd war hochgerutscht,
enthüllte die Kurve ihrer Hüfte.

Sie rührte sich nicht.

Ich stieß zu.

Das Holz traf Fleisch,
ein dumpfer Aufprall.

Aber es drang nicht ein.

Stattdessen glitt es ab,
als wäre ihre Haut aus Gummi,
aus Nebel.

Kein Blut,
kein Schrei.

Nur ein leises Kichern.

Ihre Augen öffneten sich,
schwarz und tief wie Abgründe.

"Was tust du da, Liebling?"
fragte sie mit dieser samtenen Stimme,
die mich immer schwach machte.

Ich starrte sie an,
der Pfahl noch in der Hand.

"Ich... ich töte dich",
stammelte ich.

Sie setzte sich auf,
langsam, graziös.

Das Mondlicht tanzte auf ihrer Haut.

"Du Narr", sagte sie
und lachte lauter.

"Du kannst mich nicht töten.
Schau doch."

Sie nahm meine Hand,
führte den Pfahl selbst an ihre Brust.

Ich drückte zu, härter.

Das Holz bog sich,
splitterte,
zerbrach in meiner Faust.

Splitter regneten auf das Laken.

Keine Wunde.

Nichts.

Sie stand auf,
nackt und unversehrt,
trat ans Fenster.

"Ich bin schon tot für dich",
flüsterte sie.

"Ein Geist in deinem Kopf.

Du hast mich erschaffen,
mit deiner Schwäche,
deiner Sucht."

Ich sank auf die Knie,
der zerbrochene Pfahl nutzlos in meinen Fingern.

Tränen brannten in meinen Augen.

Der Wunsch, sie auszulöschen,
blieb fromm und leer.

Wer ersticht schon einen Geist?

Sie beugte sich zu mir herunter,
küsste meine Stirn –
kalt wie Eis.

"Bis morgen", hauchte sie
und löste sich in Schatten auf,
verschwand durch die Wand.

Ich blieb zurück,
geschunden und allein.

Das Zimmer roch nach ihr,
nach Verfall.

Morgen würde sie wiederkommen,
die Tür aufgehen,
und ich würde sie hereinlassen.

Weil ich nichts anderes kannte.

Der Pfahl lag zerbrochen da,
ein Mahnmal meiner Ohnmacht.

In meinem Herzen steckte nun der echte Pfahl –
unsichtbar, ewig.

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