Sehen

Das geile Chaos der Lustnation

Luiz Goldberg

Manche Tage fühlen sich an,
als hätte die Welt beschlossen,
’nen Gang höher zu schalten
und direkt in die Vollen zu gehen.
Überall pulsiert’s,
die Luft vibriert vor Sehnsucht,
und jeder scheint nur eines im Kopf zu haben:
Lust,
pure,
unverfälschte Lust.
Die Straßen sind ein Tummelplatz der Hormone,
wo die Sehnsüchte laut stöhnen
und die Möglichkeiten knapp werden.
Es ist,
als hätte jemand die Regeln über Bord geworfen,
und wir alle taumeln mit,
aufgeheizt,
hungrig,
geil bis zum Anschlag.
Die Nacht ist jung,
die Bars sind voll,
und die Luft knistert
wie ’ne billige Wunderkerze.
Überall fliegen Annäherungen,
heiße Blicke,
und die Kondome stapeln sich in den Taschen –
aber keiner denkt dran,
sie zu benutzen,
weil der Moment zu wild ist,
zu dringend.
Die Körper drängen sich aneinander,
und die Schönheitschirurgen
haben ganze Arbeit geleistet:
Brüste,
die wie Granaten wirken,
prangern überall,
aufgepumpt und doch irgendwie verunglückt,
als hätten die Ärzte mit ’nem Schnaps zu viel operiert.
Es ist ein Spektakel,
ein Fest der Fleischeslust,
wo keiner zurücksteckt
und jeder nur eins will –
mehr davon.
Und dann die Spielzeuge!
Bunte,
weiche Dinger,
die aus jeder Ecke winken,
als hätten sie die Macht übernommen.
Vibratoren in Neonfarben,
Dildos,
die wie Kunstwerke glänzen,
liegen in Schaufenstern,
als wären sie die neuen Nationalflaggen.
Die Welt ist ein Karneval der Begierde,
wo jeder sich fallen lässt,
ohne Rücksicht auf Verluste.
Es ist laut,
es ist chaotisch,
und doch hat’s was Romantisches –
dieses Gefühl,
dass wir alle zusammen
in diesem Wahnsinn tanzen,
getrieben von ’nem Feuer,
das nicht fragt, ob’s erlaubt ist.
Während wir uns in diese Orgie der Sinne stürzen,
bleibt am Ende nur ein schiefes Grinsen.
Die Nacht verglüht,
die Körper ermatten,
und die bunten Spielzeuge
landen in der Schublade.
Aber für diesen einen Moment
waren wir lebendig,
haben die Kontrolle abgegeben
und uns dem Chaos hingegeben.
Vielleicht ist das die wahre Revolution –
nicht mit Fahnen,
sondern mit Lust.
Also taucht ein,
lasst euch treiben,
und wenn’s vorbei ist,
wischt euch den Schweiß ab
und träumt von der nächsten Runde.

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