Sehen
Die neue Zeit
Einfach laufen.
Loslaufen, mit den Beinen.
Loslegen mit einer fixen Idee für eine Lösung,
mit einer Ahnung, die einen treibt,
mit festem guten Willen,
mit Vorsatz.
Ohne Rücksicht loslaufen,
loslegen.
Etwas tun.
Unaufhaltsam…
Die Menschen auf der Straße
weichen verschämt aus.
Sie beeilen sich,
um Notwendiges zu tun,
Notwendiges zu besorgen.
Notwendig, wohin zu gelangen.
Die Menschen wollen einen nicht so richtig ansehen,
sie wollen keinen Kontakt.
Keinen körperlichen
und keinen gefühlsmäßigen.
Das wollen sie nur noch mit ihren Liebsten,
im Kreise ihrer Familien,
im Kreise ihrer engsten Freunde,
oder Lebenspartner.
Und den anderen Kontakt,
den sozialen, mit anderen Menschen,
den wollen sie natürlich auch noch,
aber dieser scheint ihnen
irgendwie abhanden gekommen zu sein.
Dabei wissen sie nicht mehr genau,
wie das geschehen konnte.
Sie wissen nur,
seit wann das alles so gekommen ist.
Es gab einen Zeitpunkt,
an dem sie ein neues Leben erhalten haben.
Ohne gefragt zu werden,
erhielten alle ein neues Leben.
Doch schnell waren sie sich alle einig:
Sie wollen ihr neues Leben nicht.
Sie wollen ihr altes Leben zurück haben.
Und seltsam –
man hat es ihnen sogar versprochen.
Jedoch wissen sie genau:
Das wird eine ganze Weile dauern!
Und wenn sie es zurückbekommen,
wird es trotzdem ein anderes sein.
Genau dasselbe wird niemand zurückbekommen.
Es wird immer anders sein.
Mehr oder weniger anders.
Und besonders quälend ist,
dass ihnen niemand sagt,
wann man das alte Leben wieder zurückbekommt,
auch wenn es dann ein anderes ist.
Das neue Leben,
das ihnen bevorsteht,
kommt ihnen auf unheimliche Weise bekannt vor.
Das ist ihnen gleich aufgefallen.
Dieses neue Leben kannten sie von irgendwoher,
ja… aus Romanen,
aus Filmen…!
Ja, das war so spannend,
so nervenkitzelig,
was ihnen da vom Kino
und aus Büchern geboten wurde.
Das waren unglaubliche Geschichten…
Doch niemals hätten sie sich träumen lassen,
dass so eine Geschichte…
was dieses neue Leben ist –
einmal Wirklichkeit werden würde!
Mit all dem,
wovor die Menschen sich so ängstigten.
Verlust und Verzicht im großen Maßstab steht an! –
Also, was tun?
Einfach laufen.
Loslaufen, mit den Beinen.
Loslegen mit einer fixen Idee für eine Lösung,
mit einer Ahnung, die einen treibt,
mit festem guten Willen,
mit Vorsatz.
Ohne Rücksicht loslaufen,
loslegen.
Etwas tun.
Unaufhaltsam… seiner Bestimmung nach.
Doch wo fängt man an?
Mit der Ruhe?
Ja, mit der Ruhe.
Also stehen.
Oder sitzen.
Oder liegen.
Ruhe.
Atmen, ruhig atmen.
Mit offenen Augen.
Den Blick in die Ferne gerichtet.
Physisch und mit Gedanken.
Denken.
Nachdenken.
Bis an den Rand der Erkenntnis. –
Sehen.
Erkennen.
Die Menschen,
wie sie sich bemühen,
wieder hinzubekommen,
was ihnen abhanden gekommen ist.
Wie sie sich bemühen,
Distanz zu halten
und doch zusammenzuhalten.
Ganz anders als früher.
Wie sie sich bemühen,
sich zu verstehen.
Wie sie sich bemühen,
Verständnis füreinander aufzubringen.
Wie sie auf einmal erkennen,
dass sie eine einzige große Gemeinschaft sind.
Wie sie erkennen,
dass Landesgrenzen auf einmal
andere Bedeutungen haben,
und dass Religionen,
Hautfarben
und jegliche menschliche Orientierungen,
Meinungen und Überzeugungen
nach und nach
nur noch Nebenrollen einnehmen werden.
Und wie die Hauptrolle ihres neuen Lebens,
das Leben selbst sein wird.
Sie erkennen sogar,
dass es eine Hauptaufgabe dabei gibt.
Eine Aufgabe,
die jeder Einzelne hat.
Unabhängig davon,
wie alt man ist,
welchem gesellschaftlichen
oder beruflichen Stand man angehört,
ob man finanziell vermögend
oder weniger vermögend ist,
ob man bei seinen Mitmenschen angesehen
oder weniger angesehen ist.
Einerlei,
es kommt auf jeden Einzelnen an.
Jeder Einzelne ist gehalten,
seine Aufgabe zu erfüllen.
Also:
Einfach laufen.
Loslaufen, mit den Beinen.
Loslegen mit einer fixen Idee für eine Lösung,
mit einer Ahnung, die einen treibt,
mit festem guten Willen,
mit Vorsatz.
Ohne Rücksicht loslaufen,
loslegen.
Etwas tun.
Unaufhaltsam… seiner Bestimmung nach,
nur jetzt anders als sonst…
mit Fragen,
mit menschlichen Fragen:
Was sind wir füreinander – jetzt – geworden…?
Wer sind wir?
Werden die Menschen in der neuen Zeit
Menschen kennen lernen,
die sie früher nie kennengelernt hätten?
Wären das nicht erfreuliche Erfahrungen?
Und die alten Kontakte?
Werden sie intensiviert werden?
Und die Probleme und Konflikte,
die sich seit langem festgefahren hatten,
werden diese aufgrund der neuen Lebensumstände
sachlich und mit gutem Willen gelöst?
Die Menschen werden sich fragen,
was wird nun weiter wichtig und wesentlich sein,
bei den Einschränkungen,
die das neue Leben mit sich gebracht hat?
Vorantreiben der Technik?
Vorantreiben der Wissenschaft –
zu weiteren wissenschaftlichen Erkenntnissen?
Oder das Vorantreiben neuer Verhaltensweisen
im Umgang des sozialen Miteinanders?
Eine andere,
eine neue Form der Solidarität?
Der Mitmenschlichkeit?
Und die auch noch Lebensfreude mit sich bringt
und Spaß macht?
Die Menschen werden vielleicht
eine neue Chance wittern.
Die Menschen werden vielleicht spüren,
dass ihnen eine unsichtbare Hand gereicht wird
für diese Chance aus der Misere.
Und sie werden sich vielleicht auch klar darüber werden,
dass es so, wie in der alten Zeit,
auch nicht weitergehen konnte.
Ja, das war alles zu schnell geworden,
zu unüberlegt,
zu hemmungslos,
zu egoistisch,
zu verschwenderisch,
zu brutal –
viel zu unmenschlich.
Also, die Handreichung annehmen…
und nicht davonlaufen,
keine Schockstarre halten,
unter keine Bettdecken kriechen,
sich nicht rausziehen,
rausreden aus der Verantwortung…
Einfach laufen.
Loslaufen, mit den Beinen.
Loslegen mit einer fixen Idee für eine Lösung,
mit einer Ahnung, die einen treibt,
mit festem guten Willen,
mit Vorsatz.
Ohne Rücksicht loslaufen,
loslegen.
Etwas tun.
Unaufhaltsam… seiner Bestimmung nach –
und: GEMEINSAM! –,
und: im Gleichschritt mit der Natur!