Sehen
diese eine Kussfreundschaft
Es begann mit einem harmlosen Spiel.
Marie und ich trafen uns nach der Uni
in einem Café,
wo der Kaffee immer zu heiß war
und die Tische zu klein.
Wir redeten über Bücher, Filme, alles Mögliche,
bis sie eines Abends sagte:
"Küssen wir uns einfach,
ohne dass es was bedeutet?"
Ich lachte,
dachte, es sei ein Witz.
Aber sie meinte es ernst.
"Kussfreundschaft", nannte sie es.
Kein Sex, keine Verpflichtungen,
nur Lippen auf Lippen.
Ihre Lippen waren weich, geschwungen,
fast wie gemacht für das.
Das erste Mal passierte es auf einer Parkbank.
Sie lehnte sich vor,
ihre Augen halb geschlossen,
und berührte meinen Mund.
Es war kein einfacher Kuss.
Ihre Zunge tastete vor,
umkreiste meine, saugte leicht.
Ein Spiel aus Druck und Nachgeben.
Ich spürte, wie mein Puls schneller wurde,
aber wir hielten uns an die Regeln.
Keine Hände unter Kleidung,
kein Drängen.
Von da an trafen wir uns regelmäßig.
Mal in ihrer Wohnung,
wo der Fernseher im Hintergrund lief,
mal in meinem Auto auf einem Parkplatz.
Sie küsste fordernd,
biss sanft in meine Unterlippe,
ließ ihre Zunge tanzen.
Es wurde intensiver.
Einmal presste sie sich an mich,
ihre Brust streifte meine,
und ich musste mich zurückhalten.
"Nur Küssen", flüsterte sie,
aber ihr Atem ging stoßweise.
Eines Tages erzählte sie von ihm.
Ein Typ aus ihrer Arbeit,
der sie zum Essen einlud.
"Er ist nett", sagte sie.
Ich nickte,
spürte einen Stich.
Unsere Kussabende gingen weiter,
aber etwas veränderte sich.
Ihre Küsse wurden wilder,
als wollte sie etwas beweisen.
Beim letzten Mal saßen wir auf ihrer Couch.
Sie zog mich ran,
ihre Lippen verschmolzen mit meinen,
Zungen wirbelten.
Es dauerte Stunden,
bis sie stoppte.
"Er küsst nicht so wie du", murmelte sie.
Dann hörte es auf.
Sie schrieb:
"Es wird ernst mit ihm."
Ich sah sie später mit ihm,
Hand in Hand.
Aber die Erinnerung an ihre Knutschelippen,
an das aufregende Spiel unserer Zungen,
die bleibt.
Niemand nimmt mir das.
Nicht er.
Nicht sie.