Sehen

Ein Groupie durch und durch

Charles Haiku

Sie stand da,
mitten in der Kneipe,
wo der Zigarettenqualm noch in den Wänden hängt,
obwohl niemand mehr rauchen darf.

Ihre Augen glänzten wie billiger Lack,
und sie sagte Sachen, die man glaubt es kaum.

„Deine Gedichte sind so dunkel, so ehrlich,
die reißen einem die Seele auf.“
Ich nickte. Klar.

„Und dein Bauchansatz, der ist so sexy, so echt,
nicht so ein Fitnessstudio-Brett.“
Ich nickte wieder.
Mein Bauch ist echt wie ein alter Kühlschrank,
der brummt und nie kalt wird.

„Deine blasse Haut, die macht mich wahnsinnig,
als wärst du ein Vampir, der nur nachts lebt.“
Ich grinste schief.
Vampir. Ja, einer, der statt Blut billigen Korn säuft.

„Und die Ringe unter deinen Augen,
die erzählen Geschichten, die keiner versteht.“
Geschichten von Nächten,
in denen ich mir selbst die Fresse poliert habe,
innerlich.

Ich hörte zu, trank weiter,
spürte, wie das Bier und Selbstmitleid
sich in der Magengrube vermischten.

Irgendwann wurde mir schlecht,
nicht von ihr, sondern von mir.

Ich drehte mich halb weg,
übergab mich ihr direkt vor die Schuhe.
Ein gelblicher Strahl, halb Bier, halb Magensäure,
klatschte auf ihre weißen Sneaker.

Sie schrie nicht.
Sie starrte nur.

Ich wischte mir den Mund ab,
sah sie an und fragte, fast zärtlich:
„Gehst du mit zum Ficken? Zu dir?“

Sie zögerte zwei Sekunden.
Dann lächelte sie,
als hätte ich ihr gerade ein neues Gedicht vorgelesen.

„Klar“, sagte sie.
„Aber zieh die Schuhe aus. Die stinken jetzt nach dir.“

Wir gingen.
Ihre Hand in meiner.
Warm. Feucht. Echt.

Ich dachte:
Vielleicht ist das hier das ehrlichste Vorspiel,
das ich je hatte.

Kotze statt Rosen.
So machen das eben die, die keine Helden sind.

Nur Typen mit Bauchansatz, schlechten Gedichten
und dem Talent, alles zu versauen,
selbst die Anmache.

Aber eigentlich wollen so etwas die Frauen.
Ich kann schon mit ihnen umgehen.

Und sie liebte es.
Oder tat zumindest so.

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