Sehen
eine ausrangierte Nutte
Eine ausrangierte Hure,
der Körper schon teigig,
die Beine fad,
steht sie rum.
Früher war sie der Star der Straße,
ein Magnet für die Gier der Männer.
Die Freier standen Schlange,
warfen mit Scheinen um sich,
als gäb's kein Morgen.
Sie lachte, lockte,
ließ sie zahlen für jede Berührung,
jeden Seufzer.
Ihr Körper war Waffe,
ihre Hüften ein Versprechen,
das sie teuer verkaufte.
In den engen Gassen der Stadt,
unter Neonlichtern,
die wie falsche Sterne flackerten,
war sie Königin.
Die Kerle kamen aus Büros, aus Ehen, aus Langeweile –
alle wollten sie,
die mit dem feurigen Blick
und den Kurven,
die Männer in den Wahnsinn trieben.
Heute?
Ein Schatten.
Die Haut hängt schlaff,
die Brüste wie leere Säcke,
die Beine schwer von Jahren auf High Heels.
Sie lehnt an der Laterne,
raucht eine Kippe nach der anderen,
wartet auf einen, der nie kommt.
Die Jungen überholen sie,
frisch, straff,
mit Silikon und Selbstbewusstsein.
Sie bieten Rabatte, Extras,
Dinge, die sie nie lernen musste.
Früher war ein Lächeln genug,
ein Winken,
und der Wagen hielt.
Geld floss, Champagner floss, Leben floss.
Sie kaufte sich Kleider, die knisterten,
Parfüm, das verführte.
Träumte von Ausstieg,
von einem normalen Leben,
vielleicht einem Mann,
der sie liebte, nicht nur mietete.
Aber die Zeit frisst alles.
Die Falten kamen, die Kilos, die Müdigkeit.
Zuhälter warfen sie raus,
sagten: „Du bist verbraucht, Alte.“
Jetzt steht sie da,
wie ein hässliches Möbelstück in einem Trödelladen.
Man sieht es, schüttelt den Kopf, geht weiter.
Keine Lust zu kaufen, zu berühren, zu wollen.
Die Freier starren durch sie hindurch,
suchen Frisches, Unverbrauchtes.
Sie friert in der Kälte,
die Strumpfhose rutscht,
der Regen durchnässt das Dekolleté,
das einst Männer schwach machte.
In ihren Träumen lebt die Alte noch.
Sie sieht die Schlange, hört das Rascheln der Scheine,
fühlt die Hände, die greifen, die zahlen.
„Komm her, Süße“, flüstern sie.
Sie war gefragt, begehrt, reich.
Heute?
Fünf Euro für einen schnellen Griff,
wenn überhaupt.
Die Jungen lachen über sie, die Alten ignorieren.
Sie ist unsichtbar, ausrangiert,
ein Relikt aus Zeiten,
wo Sex noch Abenteuer war,
nicht Discount.
Manchmal denkt sie an Rache.
An die Männer, die sie ausnutzten,
an die Gesellschaft, die sie verachtet.
Aber wozu?
Sie steht rum,
wartet auf das Wunder, das nicht kommt.
Der Körper teigig, die Beine fad, die Seele leer.
Ein Leben verkauft, Stück für Stück,
bis nichts übrig.
Und doch, in der Nacht,
wenn die Stadt schläft,
träumt sie weiter.
Von Schlange stehenden Freiern,
von Geld, das fliegt.
Von einer Zeit,
wo sie wollte, nicht gebraucht wurde.