Sehen

eine ungewöhnliche Frau

Charles Haiku

Lucie saß in der Bar,
groß wie ein Schrank,
und kippte den fünften Whiskey.

Ihre Hände umfassten das Glas fest,
Finger dick und lang.

Sie hatte früher Theater gespielt,
Rollen wie Lady Macbeth
oder die verrückte Tante in alten Stücken.

Zuschauer starrten sie an,
weil sie auf der Bühne schrie und lachte,
als ob es echt wäre.

Jetzt spielte sie nicht mehr,
trank stattdessen.

Ich traf sie zufällig,
als sie am Tresen lallte.

"Setz dich", sagte sie
mit tiefer Stimme, die vibrierte.

Ihre Biographie hing in der Luft:
Geboren in einem Dorf,
früh weggelaufen,
in der Stadt gearbeitet als Kellnerin,
dann Schauspielschule.

Sie hatte Affären mit Regisseuren,
einen Skandal mit Nacktszenen,
der sie berühmt machte.

Alkohol kam später,
nach dem letzten Stück,
wo sie die Bühne abbrach.

Sie bestellte noch einen Drink,
goss ihn runter wie Wasser.

"Weißt du, warum ich trinke?", fragte sie.

Ich schüttelte den Kopf.

"Weil es schmeckt
und alles gleich macht."

Ihre Augen waren rot,
aber scharf.

Sie imitierte plötzlich eine Szene aus Hamlet,
stand auf, gestikulierte wild.

Die Barleute lachten, applaudierten.

Lucie verbeugte sich,
stolperte leicht.

Später zog sie mich in eine Ecke.

"Komm mit", flüsterte sie.

Wir landeten in ihrem Zimmer,
Flaschen überall.

Sie küsste hart, zog mich aus.

Ihr Körper war massiv,
drückte mich runter.

Sie lachte laut,
während sie ritt,
Whiskeygeruch mischte sich mit Schweiß.

Danach goss sie ein,
trank aus der Flasche, bot mir an.

"Trink", sagte sie.

Ich nippte,
sie leerte den Rest in einem Zug.

Am Morgen wachte sie auf,
Kopf in den Händen.

"Scheiße", murmelte sie
und fügte ein „Nie wieder Alkohol!“ hinzu
und suchte nach einer neuen Flasche.

Sie schauspielerte Kopfschmerzen,
übertrieb Grimassen.

"Das Talent bleibt", sagte sie.

Ich ging,
sie blieb sitzen,
starrte ins Leere.

Lucie war so,
groß, ungewöhnlich, talentiert,
und der Alkohol fraß sie auf.

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