Sehen
Entdeckungen auf dem Dachboden
Ach, diese Entdeckungen auf verstaubten Dachböden,
sie haben es faustdick hinter den Ohren.
Da kramten wir also zwischen mottenzerfressenen Koffern
und vergilbten Playboy-Ausgaben der Siebziger
einen uralten Kassettenrecorder hervor,
staubig wie die Erinnerungen eines pensionierten Zuhälters.
Und was klemmte da noch drin?
Eine Kassette mit Frank Sinatra,
diesem alten Schwerenöter,
der selbst mit achtzig noch so klang,
als würde er gerade einer Stripperin in Las Vegas
den BH mit den Zähnen aufknüpfen.
Du drücktest Play,
und während die ersten Takte von „New York, New York“
durch den muffigen Raum schwebten,
dieses triumphierende, großspurige Gehabe,
als würde Sinatra persönlich mit seinem besten Stück
die Freiheitsstatue grüßen,
da fingst du an.
Kein großes Vorspiel,
kein „Soll ich wirklich?“,
einfach nur dieses teuflische Grinsen,
das sagte:
Heute mache ich dich fertig, du armer Tropf.
Zuerst der Pullover.
Langsam,
als wäre er aus purem Gold gesponnen,
zogst du ihn über den Kopf,
und darunter trugst du – natürlich – nichts.
Die Brüste sprangen hervor
wie zwei freche Champagnerkorken,
die endlich raus wollten aus der Flasche.
Sinatra sang von der Stadt, die niemals schläft,
und ich saß auf diesem versifften Sofa,
die Hose schon gefährlich eng,
und dachte nur:
Heilige Scheiße, das ist besser als jeder Puff in Hamburg.
Dann die Jeans.
Du drehtest dich um,
präsentieretest mir deinen Arsch
wie einen verdammten Kunstpreis,
wackeltest ein bisschen,
damit auch ja jeder Staubkörnchen mitbekam,
was hier Sache ist.
Der Reißverschluss ging runter – zack, zack –
und die Hose rutschte tiefer, tiefer,
bis sie um deine Knöchel lag
und du nur noch in diesem winzigen String dastandest,
der weniger Stoff hatte als ein Taschentuch von Dieter Bohlen.
Sinatra jaulte jetzt richtig los,
diese große, dreckige Stimme,
und du tanztest.
Nicht dieses süße Getue von nebenan,
nein, du tanztest wie eine,
die genau weiß, was Männer wollen,
und es ihnen trotzdem nur gibt,
wenn sie schön betteln.
Hüften kreisen,
Haare fliegen,
Brüste wippen im Takt,
und ich saß da wie ein Volltrottel,
mit offenem Mund
und einer Erektion,
die wahrscheinlich bis nach New York gereicht hätte.
Den String ließest du als letztes fallen.
Einfach so.
Ein kleiner Stoff-Fetzen segelte zu Boden,
und da standst du,
nackt,
perfekt,
dreist,
mit diesem Blick,
der sagte:
Na, komm schon, du Held,
oder traust du dich etwa nicht?
Sinatra brüllte seinen letzten Ton,
das Band klickte,
Stille.
Nur das Blut in meinen Ohren
und dein leises, fieses Lachen.
Ich hab mich nie schneller ausgezogen
in meinem ganzen verdammten Leben.
Der Dachboden roch nach altem Holz,
nach Staub
und nach purer, unverschämter Geilheit.
Und während draußen die Welt weiter ihre langweiligen Probleme wälzte,
haben wir da oben Sinatra noch mal von vorn laufen lassen,
und diesmal war ich derjenige,
der dir zeigte,
was man alles mit einem perfekten Körper anstellen kann,
wenn einem ein alter Crooner den Takt vorgibt.
Manchmal, ganz ehrlich,
sind die besten Entdeckungen nicht die auf dem Dachboden.
Sondern die, die einem dabei den Verstand rauben.