Sehen

ersterbendes Lächeln

Luiz Goldberg

Wir lernten uns im Internet kennen,
in einem dieser schmierigen Foren,
wo geile Typen nach schnellem Kick jagen.

Deine elektronischen Briefe ploppten auf
wie billige Verführungsfallen –
kokett, verspielt,
voller Andeutungen von feuchten Nächten
und Stöhnen, das mein Blut in Wallung brachte.

Du beschriebst deine Kurven,
deine Lust auf Abenteuer,
auf einen Mann, der dich packt
und durchvögelt, bis du schreist.

Meine Phantasie raste:
Ich sah dich als ultimative Fickschlampe,
mit prallen Titten, die wippen,
einem Arsch zum Reinbeißen
und Lippen, die meinen Schwanz umschließen
wie ein Vakuum.

Stundenlang schwatzten wir am Telefon,
deine Stimme heiser, geil,
versprach Orgasmen,
die die Wände wackeln lassen.

„Komm, ich lass dich ran, wo du willst“,
gurrtest du,
und ich malte mir aus,
wie wir im Café landen,
Blicke ficken schon vor dem Kaffee,
und es eskaliert –
unter dem Tisch deine Hand in meiner Hose,
ein Sprint ins nächste Klo für einen Quickie.

Mit klopfendem Herzen stürmte ich ins Café,
der Ständer schon halb hart vor Vorfreude.

Ich scannte die Tische,
suchte die Traumfotze.

Da saßt du, winktest zaghaft.

Mein Grinsen erfror.

Vor mir hockte keine Pornogöttin,
sondern eine Frau mit Hängebrüsten
unter einem Sackkleid,
das nach Mottenkugeln stank.

Deine Augen, die in den Mails so lüstern glühten,
waren klein, verquollen,
umgeben von Falten wie ein alter Lederbeutel.

Die Stimme, die mich am Telefon zum Abspritzen brachte,
quäkte nun piepsig, kindlich,
wie ein defektes Spielzeug.

Welten trennten uns:
Du, die reale Schreckschraube
mit Cellulite-Beinen
und einem Lachen, das nach Zahnarzt roch,
und ich, der in einer Wolke aus digitaler Geilheit schwebte.

Die Enttäuschung knallte rein
wie ein Tritt in die Eier.

Kein Saft, kein Feuer,
nur öde Plauderei.

Du versuchtest, sexy zu sein,
erzähltest von deinem Job als Kassiererin –
von Rabatten, von blöden Kunden.

Meine Phantasie, die du angeheizt hattest,
implodierte.

Statt wildem Ritt nur Gähn-Attacken.

Ich starrte auf deine Hände,
dachte an die Szenen, die ich mir ausgedacht hatte:
Du auf Knien, schluckend, bettelnd um mehr.

Stattdessen fingerte sie nervös am Zuckerstreuer,
roch nach billigem Parfüm und Schweiß.

Wir quatschten gezwungen,
du merktest meine Abscheu nicht,
schwafeltest von Kuschelabenden und Serien.

Ich nickte, innerlich schon am Abschied fummeln.

Die Welten?
Deine war spießig, verstaubt,
voller Katzenhaare und Teebeutel.

Meine brodelte vor Rohheit,
vor Ficks, die blaue Flecken hinterlassen.

Als du vorschlugst, nächstes Mal bei dir –
„Ich backe Kuchen“ –,
grinste ich innerlich hämisch.

Kuchen?
Ich hatte mir vorgestellt,
wie ich dich übers Knie lege,
klatsche, bis du winselst.

Am Ende zahlte ich,
ein letzter Akt der Höflichkeit.

Draußen ein trockener Wangenkuss –
fade, leblos.

Ich haute ab, der Frust pochte in der Hose.

Zu Hause löschte ich deine Mails,
blockte die Nummer.

Die Enttäuschung nagte:
Nie wieder Online-Flittchen.

Besser pimpern mit der Faust,
als mit einem Trugbild, das in der Realität zerfetzt.

Doch der Hunger blieb –
die Geilheit, die du geweckt hattest,
suchte frisches Fleisch.

Nächstes Mal live, ohne Pixel.

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