Sehen

Freitagabend

Sirius Braun

Die Stadt summt leise, ein Freitagabend,
wo die Straßen sich füllen mit Sehnsucht und Schritt.
Die Luft ist schwer von Parfum und Möglichkeiten,
die Lichter flackern, als wollten sie flüstern:
„Geh hinaus, such etwas, das brennt.“

Ich ziehe los, ein Jäger der Stunden,
die Tasche leicht, der Blick schwer vor Erwartung.
Die Lust, sie treibt, sie fließt durch die Adern,
eine Frau zu finden, ein Funke, ein Feuer,
für die Nacht, für den Moment, für das Jetzt.

Die Ausstellungshalle, ein Tempel aus Glas,
wo Kunst und Sekt sich vermählen im Lärm.
Die Menschen schieben sich durch, ein Strom aus Stimmen,
Gläser klirren, Worte schweben,
und ich, ich nippe am Schaumwein,
spiele den Kenner, den Genießer, den Fremden.

Doch dann – ein Riss in der Szenerie.
Sie steht dort, zwischen den Schatten der anderen,
zwischen den Kerlen, den Blicken, den Posen.
Sie passt nicht herein, sie gehört nicht dazu,
und doch ist sie da, ein Stern, der sich verirrt hat.

Was ist es, das sie trennt von der Menge?
Ihr Blick, der durch Wände zu sehen scheint?
Die Haare, die fallen wie ein stiller Protest?
Die Kleidung, die Mode, die Aura, das Etwas?
Schwer zu fassen, wie ein Wort, das auf der Zunge liegt,
und doch nicht ausgesprochen wird.

Sie weiß es.
Sie spürt die Blicke, die sie streifen,
die Augen der Männer, die Fragen der Frauen.
Sie genießt es, ein Rätsel zu sein,
ein Geheimnis, das sich nicht lüften lässt.
Niemand kennt sie, niemand weiß,
woher sie kam, wohin sie geht.

Doch ich weiß es, in diesem Augenblick:
Sie wird mit mir gehen,
meine Göttin der Nacht,
mein flüchtiger Traum,
mein Atem in der Dunkelheit.

Die Halle summt weiter, die Gläser klingen,
die Kunst an den Wänden schweigt.
Ich trete näher, ein Schritt, dann noch einer,
die Welt wird klein, wird zu ihr, wird zu uns.
Die Zeit bleibt stehen, nur für einen Moment,
doch dieser Moment ist alles.

Und dann?
Dann reicht es auch.
Die Nacht nimmt sie auf, die Stadt verschluckt uns,
die Lichter flackern weiter,
und irgendwo, im Hintergrund,
flüstert die Kunst von Vergänglichkeit.

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