Sehen

Gesang des alten Wolfes

Charles Haiku

Sie ist dreißig Jahre jünger als ich selbst,
und doch erwählte sie mich als den Gott
für ihre Nacht, die wild und ungezähmt.
Fragt mich nicht nach meinem Rezept dafür,
fast kann ich es selbst kaum glauben im Licht
des Morgens, der die Schatten langsam frisst.
Aber ich sage mir selbst in stillen Stunden,
du bist ein toller Typ, der sie verdient,
mit all den Narben und den grauen Haaren.
Vielleicht ist es diese Art von männlichem
Größenwahn, der mich zum Sieger machte,
im Kampf der Blicke und der leisen Worte.
Vielleicht erinnerte ich sie an ihren
Vater, den starken Schatten aus der Kindheit,
und man weiß doch um die Macht des Elektra-
Komplexes, der die Seelen bindet fest.
Wie dem auch sei, ich schlug alle Konkurrenten
aus dem Weg, mit List und mit der Zeit,
und zerrte sie in mein Bett, das warm und weich.
Wobei ich ehrlich sein muss in diesem Geständnis,
dass nicht ich sie zerrte mit roher Kraft,
sondern sie mich, mit einem Lachen leicht
und Augen, die wie Sterne funkeln hell.
Ich weiß, dass das nach einem Männertraum
klingt, der in Filmen und Büchern lebt,
aber so ist nun mal die Realität,
rau und echt, ohne Filter oder Schein.
Und mit ihren braun gebrannten langen Beinen,
die sich um mich schlingen wie ein Traum,
bringt sie mich um den Verstand, der bröckelt schnell.
Ich frage mich in den Pausen der Ekstase,
ob sie ein Naturtalent ist, geboren
für diese Kunst der Berührung und des Feuers,
oder ob es eine Liebesschule gibt
für junge Frauen, verborgen in der Stadt,
wo sie lernen, Männer zu bezwingen sanft.
Aber so schön der Augenblick auch ist,
mit Schweiß und Seufzern in der Dunkelheit,
so würde es mich auf Dauer verbrennen,
wie eine Flamme, die zu hell lodert auf.
Darum schenke ich sie euch nach dieser Nacht,
die wie ein Blitz durch meinen Körper jagt,
für diese Spiele bin ich auf Dauer doch
zu alt, mit Knochen, die knacken im Wind.
Aber es ist schön zu wissen in der Stille,
dass der alte Wolf noch beißen kann.

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