Sehen

Golden war die Bank

Luiz Goldberg

Da hockt er,
Müller, der kleine Mann,
Beamter mit grauem Anzug,
Tristesse wie ein Schatten im Blut.
Die Filiale glitzert,
Gold an den Wänden,
Aftershave hängt schwer,
wie ein Nebel aus teuren Versprechen.
Der Berater,
Grinsen, glatt wie Öl,
lehnt sich rüber,
Augen funkeln,
als wüsste er,
wo die Träume wohnen.
Prospekte,
glänzend wie Spiegel,
liegen ausgebreitet,
zwischen ihnen,
wie Karten für ein Spiel,
das keiner gewinnt.
„Müller“, sagt er,
Stimme weich wie Samt,
„träum mal groß, Mann!
Ferienhaus am See,
Wasser glitzert,
Wagen, schnell,
Chrom, das blendet.
Die Blicke, Müller,
die werden kleben,
alle auf dich.“
Müller,
Sparer, immer vorsichtig,
Konto wie ein Heiligtum,
fühlt’s kribbeln,
wie ein Bier,
das hochsteigt,
Schaum im Kopf.
„Echt jetzt?“
Seine Stimme,
zaghaft,
wie ein Kind, das fragt.
Der Berater nickt,
schnell,
wie ein Hund,
der auf den Knochen wartet.
„Klar, Müller!
Die Nachbarin,
vielleicht ’ne Frau,
mit Kurven,
Augen wie Laternen,
wirst staunen.
Dein Moment,
dein Glanz.“
Vor Müllers Augen,
ein Himmelbett,
frisch bezogen,
Seide, weich,
die Kollegin,
üppig, lachend,
Familie, Kinder,
Leben, wild,
wie ein Film,
der nie endet.
Alles mit Stempel,
staatlich, sauber,
wie ein Vertrag mit Gott.
Er sieht’s,
fühlt’s,
will’s.
„Alles koscher?“
Müller,
Stimme brüchig,
Zweifel wie ein Stein im Magen,
ein Funken Angst,
will weggeblasen werden.
„Koscher!“
Der Berater,
Siegel in der Hand,
amtlich,
wie ein Pass fürs Paradies.
„Schau hier,
alles sauber,
alles klar.“
Müller unterschreibt,
Hände zittern,
Herz schlägt,
wie ein Motor,
der anspringt.
Der Berater kassiert,
Provision,
klack,
in der Tasche,
Grinsen breiter.
Ein Jahr später,
ein Brief,
amtlich,
kalt wie Eis:
Geschäft kaputt,
Geld weg,
alles futsch.
Kein Haus,
kein See,
kein Boot,
keine Frau.
Der Glanz,
verpufft wie Rauch.
Aftershave,
verweht im Wind.
Müller,
wieder klein,
hockt da,
Prospekte in der Hand,
zerknittert,
wie alte Haut,
wie sein Herz.
Tristesse,
sein alter Freund,
setzt sich wieder neben ihn,
grinst,
sagt nichts.
Das Siegel,
amtlich,
lacht leise,
höhnt aus der Ecke.
Müller starrt,
ins Leere,
wo die Träume waren,
jetzt nur Staub,
und ein Nachgeschmack,
bitter,
wie Aftershave,
dass keiner mehr riecht.

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