Sehen
Harter Aufprall
Ich starrte aus dem Fenster des Hochhauses,
der Wind pfiff um die Ecken.
Echtes Berliner Scheißwetter.
Das neblig, kalte,
welches in die Glieder fährt und zermürbt.
Der Boden unten wirkte wie ein fernes Pflaster,
das mich auffangen sollte.
Ein Sprung,
dachte ich,
und alles endet.
Kein Job mehr,
keine Rechnungen,
keine leeren Abende.
Ich kletterte über die Brüstung,
schloss die Augen
und ließ los.
Stille. kein Wind mehr.
Nur Ruhe für eine Sekunde.
Doch dann geht´s los.
Der Fall dauerte ewig.
Luft rauschte vorbei,
mein Magen drehte sich.
Dann der Aufprall –
nicht weich,
sondern hart.
Knochen knackten,
Schmerz explodierte.
Ich lag da,
starrte in den Himmel,
der mich verspottete.
Sirenen heulten,
Hände hoben mich hoch.
Krankenwagen,
Lichter,
Masken.
Im Krankenhaus wachte ich auf,
umgeben von Weiß.
Arme und Beine in Gips,
der Körper ein Panzer.
Der Arzt schüttelte den Kopf:
„Sie haben Glück gehabt.
mein Lieber.
Nur Brüche,
nichts Tödliches.“
Glück?
Pech!
ich bin auch nicht ihr Lieber.
Sie Viertelgott in Weiß.
Ich wollte sterben,
nicht überleben.
Die Schwester schob mir Tabletten hin,
lächelte mitleidig.
„Ruhen Sie sich aus.“
Nachts lag ich wach.
Der Gips schnürte ein,
ich konnte mich kaum rühren.
Die Pulsadern?
Unerreichbar.
Kein Messer in der Nähe,
nur ein Knopf für die Schwester.
Ich drückte ihn,
sie kam.
„Schmerzen?“,
fragte sie.
Ich nickte,
log.
Sie gab mir Spritze,
der Schlaf kam.
Morgens Visite.
Der Chefarzt:
„Ein Wunder, dass Sie leben.“
Wunder?
Ein Fluch.
Ich starrte die Decke an,
zählte Risse.
Draußen lachte jemand.
Ich wollte schreien,
konnte nicht.
Der Gips hielt mich fest,
wie ein Gefängnis.
Tage vergingen,
Essen aus Löffeln,
Bettpfanne.
Demütigung pur.
Endlich Entlassung.
Zu Hause humpelte ich,
Krücken klackerten.
Der Himmel draußen grau.
Ich stieg wieder hoch,
starrte runter.
Diesmal ein Strick?
Aber der Hals im Gips,
unmöglich.
Ich lachte bitter,
setzte mich hin.
Leben ging weiter,
gebrochen,
aber da.
 
