Sehen
ich bin am Arsch
Der ewige Kampf mit dem eigenen Körper –
dieser verräterischen, störrischen Maschine,
die sich weigert,
den einfachsten Befehlen zu folgen.
Da stehe ich,
ein erwachsener Mann,
der sonst die Welt erklärt,
Steuererklärungen bändigt
und Frauen zum Stöhnen bringt,
und versuche verzweifelt,
ein harmloses Klistierrohr in meinen eigenen Hintern zu schieben.
Rein damit, denke ich,
sauber soll er werden, der Darm,
frisch wie ein Bergbach nach dem Frühlingsschnee.
Doch nein,
mein Schließmuskel,
dieser winzige, muskulöse Rebell,
hat andere Pläne.
Jedes Mal, wenn ich das Ding vorsichtig ansetze,
als wäre es eine zarte Liebhaberin, die ich nicht erschrecken will,
macht er „Plopp“
und spuckt es aus
wie ein bockiges Kind den Spinat.
Raus damit!
Kein Einlass!
Zutritt streng verboten!
Ich fluche innerlich,
verdammte Scheiße,
jetzt gehorcht mir nicht mal mehr der eigene Arsch.
Dieser Körper,
den ich jahrelang mit Bier, Currywurst
und nächtlichen Onanie-Sessions verwöhnt habe,
verweigert plötzlich den Dienst.
Als hätte er eine Gewerkschaft gegründet:
„Schließmuskelstreik – für bessere Arbeitsbedingungen!“
Ich drücke fester, drehe, wackle,
rede sogar beruhigend auf ihn ein:
„Komm schon, Kleiner, das tut doch gar nicht weh,
das ist nur ein bisschen Wellness von innen.“
Nichts.
Stattdessen ein höhnisches Zucken,
als wollte er sagen:
„Du hast mich jahrelang ignoriert,
jetzt ignorier ich dich.“
Man glaubt ja immer,
Herr über seinen Körper zu sein.
Man hebt Gewichte,
man läuft Marathon,
man steht morgens mit einer Latte auf,
die Stahlbeton sprengen könnte.
Und dann kommt so ein lächerliches Plastikrohr daher
und besiegt dich.
Der ultimative Machtkampf:
Ich gegen meinen eigenen Anus.
Ein Duell auf Leben und Tod –
oder zumindest auf Leben und Würde.
Wer hätte gedacht,
dass ausgerechnet der Arsch der Ort ist,
wo der Mann seine Grenzen kennenlernt?
Nicht im Fitnessstudio,
nicht im Bett,
nein, auf dem Badezimmerboden,
mit gespreizten Beinen
und einem Gesichtsausdruck,
der irgendwo zwischen Verzweiflung und Existenzkrise pendelt.
Irgendwann gebe ich auf.
Das Klistier liegt besiegt im Waschbecken,
ich liege erschöpft auf den Fliesen
und starre an die Decke.
Mein Arsch hat gewonnen.
Wieder einmal.
Dieser kleine, runde Diktator da hinten
kommandiert mich herum, seit ich denken kann.
Er entscheidet, wann es losgeht,
wann es vorbei ist,
wann es wehtut
und wann es sich einfach verweigert.
Ich bin nur noch der Chauffeur
dieses störrischen Fleischmobils,
das sich weigert,
auch nur einen Kilometer nach meinen Regeln zu fahren.
Und während ich da liege,
kommt mir der Gedanke:
Vielleicht ist das ja der wahre Sinn des Älterwerdens.
Man kämpft nicht mehr gegen die Welt,
gegen Chefs, Frauen oder Steuerberater.
Nein, der letzte große Gegner
sitzt tief in einem selbst –
ein kleiner, muskulöser Ring,
der sagt:
„Nicht mit mir, Kumpel.“
Und man kann nur noch lachen.
Oder weinen.
Oder beides.
Hauptsache, der Arsch lässt einen irgendwann wieder in Ruhe.