Sehen
In meiner träumenden Brust
Seit ich das Sehnen vernahm, bist du das Morgenlicht, glänzend,
Führst meine träumende Brust durchs Zwielicht der Tage.
Zart wie das Rauschen des Sees umspült mich der Hauch deines Atems,
Süßer als Frühlingsveilchen, die wach in den Schatten erblühen.
Schlummer umspinnt dich jetzt, und der Mond legt schweigend sein Silber,
Leise auf Stirn und Lid, wo schwebende Träume sich sammeln.
Ich aber hüte die Stille, bewache dein ruhendes Antlitz,
Spüre das Beben der Nacht, die lautlos von Wolken getragen.
Ganz in Gedanken verwahr ich die Fülle des goldenen Haares,
Jedes in ehrfürcht’ger Liebe gelistet wie Psalmen im Buche,
Zeile für Zeile benannt mit dem heiligen Klang deines Namens,
Fein mit behutsamer Hand und unerschöpflicher Andacht.
Dort in den Seiten bewacht ein Schweigen die zarten Reliquien,
Hüllt sie in duftendes Blau aus Lavendel und weichem Aroma.
Nie wird ein Sturm jene Blätter zerreißen, weil Treue sie bindet,
Wie sich ein rotblauer Faden durch Leinen der Urkunden windet.
Selbst deinen schlummernden Leib erhebt mein ehrfürchtig Erinnern,
Ehrend den Bogen der Schultern, den fließenden Strom deiner Glieder.
Mondglanz glättet die Linien, als schöbe er Wolken beiseite,
Zeig mir die zarte Gestalt, die warm in dem Schweigen verglühet.
Nichts ist mir kostbarer jetzt als das Singen der stillen Sekunden,
Während mein Herz sich im Takt deiner ruhigen Atemzüge wieget.
Sachte verharren die Zeit und das Licht und die bebenden Schatten,
Alles vertieft sich in dich, als ruhte die Welt auf dem Kissen.
O wie begehr ich die Stunde, da schimmernd dein Augenpaar öffnet,
Sanft noch gezeichnet vom Traum wie Teiche, die Nebel umdämmern.
Dann wird mein Flüstern sich heben und leise dein Lächeln empfangen,
Zart wie der Flügel der Lerche, die früh durch die Felder sich schwinget.
Doch bis das Morgenrot kehrt, bewahr ich das Feuer der Sehnsucht,
Kost es in stiller Verzückung, als tränke ich Tau aus Kristallen.
Alles, was tief in mir lebt, legt sich behutsam an deine Gestirne,
Wärmt sich an schweigender Glut, die funkelnd im Innern erblühet.
Niemals erlischt dieses Licht, denn Liebe bewacht seine Flammen,
Hüllt sie in schimmerndes Erz, das widrigen Winden sich weigert.
Sollte das Reiselied klingen, das ferne Verheißungen ruft dir,
Werd ich den Weg deiner Schritte in steter Erinnerung pflastern,
So dass der Pfad zu mir wehrt, wie goldene Fäden im Abend,
Denn meine Seele wird brennen, sobald sich die Ferne bewegt hat.
Kehrest du wieder, empfängt dich ein Garten aus duftenden Farben,
Blüten aus glimmender Treue umrahmen das Tor deiner Nähe.
Immer, Geliebte, verneigt sich mein Herz vor dem Strom deiner Schönheit,
Denn seit dem ersten Verlangen bist du der Gesang meiner Tage.