Sehen

Kein Groschenroman

Ferdinand Freiherr von der Ferne

Er hielt den großen 45er Colt direkt vor ihrer Brust
und sagte was von ausziehen,
zitterte selbst dabei,
weil er noch nie eine nackte Frau gesehen hatte.

Er war ja erst 16.

Und ihr,
die gut und gerne ihre 45 Jährchen auf ihren Schultern liegen hatte,
kam ein lautloses Grinsen an,
so als würde das,
was er gerade durchziehen wollte,
ein dummer Jungenstreich wäre.

Aber das Grinsen verging ihr ganz schnell,
als er ihr den Colt so heftig in ihre Magengrube stieß,
daß ihr erstmal die Luft wegblieb.

Was kam als nächstes?

Aber erstmal noch einen Schritt zurück:

Wo waren die beiden?

In ihrem Schlafzimmer.

Und wie kamen sie dorthin?

Beziehungsweise er?

Er schellte des frühen Abends einfach an ihre Haustür –
sie wohnte Parterre in einem kleinen Reihenhaus –,
und sie machte ganz unbedacht die Tür auf.

Da stand er schon mit dem Colt gegen ihre Brust gedrückt
und stieß sie rein,
machte dabei die Tür hinter sich zu,
drückte sie bis vor die offen stehende Schlafzimmertür
und ins Schlafzimmer hinein
und sagte seinen Spruch auf,
vonwegen „Ausziehen“!

Und wie kam er verdammt nochmal an den Colt?

Beziehungen, einfach Beziehungen.

Der Colt war echt und geladen.

Und was waren seine Beweggründe?

Ganz einfach:
sie war seine Mathelehrerin
und hatte ihm neulich –
aus seiner Sicht ungerechtfertigter Weise –
eine Sechs gegeben.

Dabei wäre eine Fünf schon unverschämt und ungerecht gewesen.

Seiner Meinung nach.

Gut,
und was hatte sie gerade an,
als er befahl „Auszeihen!“?

Sie trug ein lindgrünes Kostüm,
bestehend aus einem Rock,
einer weißen Bluse
und darüber eine leichte passende Jacke gleicher Farbe dazu.

Ihre schwarzen Schuhe hatten hohe Absätze.

Lebte sie allein,
oder hatte sie einen Mann,
der jeden Augenblick kommen könnte?

Nein,
sie hatte derzeit keinen Mann,
sie lebte allein.

Wußte der Junge davon?

Ja, er wußte.

Wußte er denn was er tun wollte,
wenn sie sich ausgezogen hatte?

Eigentlich nicht,
darüber hatte er nicht zuende nachgedacht.

Also,
sie standen sich weiterhin gegenüber
und sie war leicht in die Knie gesackt,
wegen der Schmerzen,
die sie jetzt im Bauchraum hatte.

Zudem nahm sie seine Aufforderung ernst.

Doch sie stand erstmal unschlüssig und wie blöd,
und wußte nicht so recht,
was sie als nächstes tun sollte.

„Ausziehen!“, schrie er jetzt.

Und ohne weiter nachzudenken
zog sie sich die leichte Jacke aus
und legte sie auf´s Bett.

Als nächstes stellte er ihr eine Frage:
„Sind das Strümpfe die du da unterm Rock trägst,
oder ist das eine Strumpfhose?“

Tatsächlich waren das halterlose Strümpfe,
transparente, hautfarben.

Aber sie sagte nur:
„Strumpfhose“ –
und ihr war nicht wohl dabei.

Seine Anspannung stieg ins Bodenlose,
als er jetzt forderte:
„Und jetzt –

Fortsetzung folgt

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