Sehen

Kopf im Sand

Luiz Goldberg

Wie herrlich doch unsere Volksvertreter
im Parlament agieren!

Kaum zieht ein Gewitter herauf –
sei es die nächste Steuererhöhung,
der Pflegenotstand,
die explodierenden Mieten,
schon stecken sie kollektiv
den Kopf in den warmen, weichen Sand
der Ausreden.

„Das regelt sich von allein!“,
zwitschern sie,
während draußen schon die ersten fetten Tropfen
auf die Dächer der Normalbürger prasseln.

Hauptsache, die eigene Diät bleibt trocken,
der Dienstwagen glänzt
und die Lobbytermine finden im Trockenen statt.

Da sitzen sie nun,
die edlen Strauße in Nadelstreifen,
und glauben ernsthaft,
wenn man die Augen fest zusammenkneift,
verschwindet das Unwetter.

Migration? Kopf in den Sand.
Energiewende? Noch tiefer rein.
Rentenlücke? Am besten bis zum Hals buddeln,
dann hört man das Jammern der Alten nicht mehr.

Und wenn doch mal ein besonders mutiger Strauß
den Schnabel aufmacht,
dann nur, um zu rufen:
„Alles nicht so schlimm,
wir haben doch Studien in Auftrag gegeben!“

Studien, die selbstverständlich erst in zehn Jahren vorliegen,
wenn die Verfasser längst in Rente
und die Probleme doppelt so groß sind.

Man könnte ja lachen,
wäre es nicht so erbärmlich.

Denn während die Herrschaften im Sand wühlen,
zahlen wir die Zeche.

Wir, die wir keinen Wüstensand zur Verfügung haben,
sondern nur nasse Füße,
leere Konten
und die bange Frage,
wie lange das noch gut geht.

Wir stehen im Regen,
während die Straußenfraktion hofft,
dass der liebe Gott
oder wenigstens die nächste Wahlperiode
das Problem wegspült.

Doch irgendwann, liebe Sandköpfe,
kommt der Sturm,
den selbst der dickste Hintern nicht mehr abfedern kann.

Dann wird der Blitz einschlagen,
der Donner wird eure fedrigen Ärsche versohlen,
und das schöne Federkleid wird nass und schwer.

Und wir?
Wir werden zusehen,
wie ihr hustend und spuckend aus euren Löchern gekrochen kommt,
mit Sand in den Augen
und der Erkenntnis im Gesicht:
Wer den Kopf in den Sand steckt,
bietet dem Schicksal nur eine größere Zielscheibe.

Bis dahin bleibt uns nur die Hoffnung,
dass der nächste Gewitterregen stark genug ist,
um euch endlich aufzuwecken –
oder wenigstens eure teuren Anzüge ruiniert.

Denn eines ist sicher:
Der Sand wird nicht ewig trocken bleiben.

Und wenn der Sturm kommt,
dann gnade euch Gott,
ihr federleichten Heuchler.

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