Sehen

Liebe kennt keinen Tod

Ricardo Möbius

immer wieder legst du dich zu mir,
als wäre die Nacht noch jung
und unser Bett ein Hort der Leidenschaft.

Deine Hände gleiten über meine Haut,
suchen die Wärme,
die einst dort pulsierte,
doch sie finden nur die Kälte des Todes,
die sich wie ein Leichentuch über mich gelegt hat.

Immer wieder küsst du meinen Körper,
deine Lippen pressen sich auf Stellen,
die früher vor Erregung bebten –
den Hals, wo der Puls raste,
die Brüste, die sich dir entgegenhoben,
den Bauch, der sich in Ekstase wölbte.

Nun sind sie starr, bleich,
ein Relikt vergangener Nächte,
in denen wir uns wie Tiere paarten,
schweißbedeckt und gierig.

Immer wieder willst du dich mit mir vereinen,
dein Glied hart und fordernd,
drängt es in die Dunkelheit meines Schoßes,
sucht den engen, feuchten Griff,
der dich einst zum Wahnsinn trieb.

Du stößt zu, rhythmisch, verzweifelt,
als könntest du mit jedem Stoß
das Leben zurückholen,
das mir entrissen wurde.

Erinnerungen fluten dich:
Wie ich stöhnte,
wenn du tief in mich eindrangst,
meine Nägel in deinen Rücken grub,
bis Blut floss.

Wie wir lachten,
wenn der Saft über die Laken spritzte,
wie wir uns in Positionen wanden,
die jeder Anstand verbot –
ich oben, reitend wie eine Furie,
du unten, mich festhaltend,
als wärst du der Herr der Welt.

Doch ich bin schon kalt und tot.

Mein Herz schlägt nicht mehr,
seit jener Nacht,
als der Streit eskalierte.

Du wolltest mehr, immer mehr,
ich wollte Ruhe.

Deine Hände, die jetzt zärtlich streicheln,
waren es, die mich würgten,
bis das Licht erlosch.

Nun liegst du da, in unserem Bett,
umgeben von meinem Leichnam,
den du nicht loslassen kannst.

Die Nachbarn hören dein Stöhnen,
denken an Liebe,
nicht an Nekrophilie.

Du fickst eine Tote,
wieder und wieder,
in der Illusion,
sie würde antworten.

Dein Samen ergießt sich in leere Höhlen,
rinnt heraus,
mischt sich mit Verwesung.

Immer wieder kommst du, nachts,
wenn der Mond scheint,
legst dich zu mir.

Küsst die faulenden Lippen,
vereinst dich mit dem, was von mir übrig ist.

Die Polizei wird kommen, irgendwann,
wenn der Gestank unerträglich wird.

Aber bis dahin:
Immer wieder.
Immer wieder.

Denn Liebe kennt keinen Tod,
nur Wahnsinn.

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