Sehen
Malzkaffeeliebe & Malzkaffeesucht
Wir lernten uns in einem dieser öden Bio-Cafés,
wo alles nach Getreide müffelt
und die Leute so tun,
als wäre Lupinenmilch ein Lebensstil.
Du saßest da,
mit deinem Malzkaffee,
dieser braunen, koffeinfreien Enttäuschung,
die angeblich so gesund ist
und nach verbranntem Brot schmeckt.
Ich hatte dasselbe Zeug vor mir,
weil ich dachte, das macht mich irgendwie tiefgründig.
Du hast einfach meinen Löffel genommen,
ohne zu fragen,
hast umgerührt
und mir die Tasse hingeschoben.
Ich habe genippt.
Du hast gelächelt.
Das war’s.
Kein „Darf ich?“, kein „Entschuldigung“.
Nur dieser Blick,
der sagte:
Wir teilen jetzt alles.
Ein paar Wochen später
war der Malzkaffee schon nicht mehr nur ein Getränk.
Er war unser Code.
Unser Vorspiel.
Unser schmutziges kleines Geheimnis,
das niemand verstand,
weil niemand Malzkaffee ernst nimmt.
Die anderen trinken Espresso, Latte Macchiato,
Cold Brew mit Hafermilch und Alibi-Karamell.
Wir trinken dieses Kinder-Kakao für Erwachsene,
das nach Krieg und Omas Speisekammer riecht,
und machen dabei Sachen,
für die man in manchen Bundesländern noch den Führerschein verliert.
Morgens, wenn die Sonne gerade erst über die Bettkante lugt,
stellst du zwei Tassen auf den Nachttisch.
Kein Wort.
Du schiebst mir meine rüber,
nimmst einen Schluck,
stellst sie ab
und krabbelst unter die Decke.
Ich trinke,
während deine Zunge schon an mir arbeitet.
Der Geschmack von Malzkaffee
vermischt sich mit dem von dir.
Süßlich, erdigt, ein bisschen bitter.
Wie wir.
Du nimmst dir, was dir gehört –
meinen Schwanz, als wäre er dein Löffel –
und ich tauche mein Gesicht zwischen deine Beine,
als wäre deine Möse die Tasse,
aus der ich endlich richtig wach werde.
Manchmal lassen wir die Tassen stehen,
bis der Malzkaffee kalt ist.
Dann kippen wir ihn uns gegenseitig auf die Haut.
Warm zuerst, dann klebrig.
Er läuft über deine Brüste, meinen Bauch,
zwischen deine Schamlippen.
Wir lecken ihn auf, langsam,
als wäre es der teuerste Sirup der Welt.
Du reibst dich an mir, glitschig vom Getreidegesöff,
und ich dringe in dich ein,
während noch der Geruch von geröstetem Roggen in der Luft hängt.
Es ist absurd.
Es ist geil.
Es ist unser Ding.
Die anderen verstehen das nicht.
Die denken, Liebe braucht Kerzen, Rotwein,
vielleicht noch ein bisschen Barry White.
Wir brauchen nur eine Packung Caro-Kaffee,
zwei Tassen
und die Gewissheit,
dass wir uns gegenseitig alles geben dürfen –
ohne Scham, ohne Frage, ohne Entschuldigung.
Du nimmst meinen Schwanz.
Ich nippe an deiner Möse.
Und der Malzkaffee steht daneben und lächelt wissend.
Das ist unsere Liturgie.
Das ist unsere Sucht.
Das ist unsere ganz private, koffeinfreie Perversion.
Und wir trinken sie bis zur Neige.