Sehen
Nosferatus Enkel
Die Spree schweigt, doch ihre Wellen
spiegeln das Licht der Laternen durch die Nacht,
durch die feuchte Schwere, die alles umhüllt.
Anna, ein Flüstern, kaum zwanzig,
Mondlicht zersplittert in ihrem Haar,
fällt in Strähnen, die wie Schatten tanzen.
Ihre Augen sind wie Ihre Brüste: reif,
ready to burst, doch ihre Unschuld ist ein Trick,
ein Schleier, der brennt, der unter der Haut glüht.
Sie steht am Ufer, wo die Brücke sich wölbt,
ein Bogen aus Stein, der Geheimnisse trägt.
Unter der Brücke tanzt sie allein,
Seide schwingt wie ein Atemzug,
die Stadt ein Spiegel aus Licht und Schlamm,
aus Neon und Vergessen.
Die Luft spricht: Berühre. Streife. Beißen.
Ein Schatten bin ich, gleite durch Laternenworte,
durch den Tiergarten, wo Bäume flüstern,
alte Geschichten von Verlangen und Verlust.
Meine Finger finden ihren Puls,
ein Vogel, gefangen in Haut,
der flattert, als wüsste er vom Kommen des Sturms.
Sie wendet sich, langsam, als ob die Zeit
sich dehnt in diesem Moment,
Lippen geöffnet, ein stummer Schrei,
der in der Nacht verhallt.
Mein Biss – ein Pinselstrich, präzise, fast zärtlich,
durchdringt die Schicht aus Fleisch und Traum.
Blut fließt, Honig und Sünde,
ein Strom, der die Welt ertränkt,
der mich füllt mit ihrer Jugend,
mit Bildern aus ihrem Leben:
Gelächter in sonnigen Straßen,
Küsse unter Regenwolken,
Träume von einer Zukunft, die nun zerbricht.
Ihre Nägel graben sich ein,
Ekstase ist ein Abgrund,
in dem wir fallen, tiefer, tiefer.
Die Sterne schweigen, Bäume halten den Atem an,
der Fluss murmelt weiter, unberührt.
Anna keucht, ihr Körper bebt,
als würde die Nacht sie zerreißen,
neu zusammensetzen aus Schatten und Licht.
Ich sauge tiefer, koste die Essenz,
süß wie verbotene Frucht,
durchzogen von der Bitterkeit des Endes.
Als ich sie freigebe, sinkt sie in meine Arme,
bleich, strahlend, ihre Augen nun Spiegel der Nacht,
wissend, gezeichnet von der Ewigkeit.
Ich lächle, die Luft hat gesiegt,
unsterblich, für einen Moment,
in ihrem Vergehen, in meiner Leere.
Die Spree flüstert weiter, trägt unsere Spuren fort,
in die Tiefe, wo Geheimnisse schlafen.
Anna atmet schwach, ihr Herz ein Echo,
und ich verschwinde in den Schatten,
hungernd nach mehr, nach der nächsten Frau.