Sehen
Nur das Sehen? Die Blicke?
Warme Sommerluft strömt unbemerkt durchs offene Parterrefenster
und weht den geblümten dünnen Vorhang immer wieder beiseite.
Ein Zimmer wie viele andere auch.
Ein Bett, ein Schrank, ein Tisch mit einem Stuhl und einem Sessel.
Ein weicher Teppich auf dem Boden.
An den Wänden ungerahmte Reproduktionen bekannter Malereien.
Nicht von Belang.
Nur die Blicke, das Sehen.
Sehen, betrachten, Blicke tauschen,
in Seelen eintauchen,
spüren wie Berührung sich darbietet,
wie Arme sich ausbreiten, leicht –
und Hände abstreifen, das rote Kleid.
Von warmer Zimmerluft umhüllt ist der nahezu nackte Frauenkörper.
Nur zarte Nylonfasern bedecken die Beine –;
ihr sich öffnender Mund macht es ihm leicht!
Er selbst ist gänzlich nackt –
die Umarmung ist gekommen.
Der feste Griff in die volle Brust entlockt den ersten Aufschrei.
Zungen und Lippen im wilden, feuchten Austausch von Gabenverteilung,
werden nicht satt.
Hände streicheln über weiche Haut,
pressen den Körper des anderen an den eigenen,
greifen ins feste Fleisch, bis zum Schmerz.
Liegend, getragen von den dicken, weichen Fasern des Teppichs –
sie auf ihn.
Wie sie leckt, unentwegt, über sein Gesicht,
bis es kühlt beim trocknen.
Ihre Zunge in seinem Mund,
seine Hände fest auf ihr pralles Hinterteil,
verursacht fleischlich hart werdendes Verlangen.
Der fieberhafte Traum des Ideals,
das der Wirklichkeit vorangeht, erfüllt sich:
mit verdrehten Augen sehen,
wie ihre Augen feucht werden –
ihre Stöhnlaute gleichen einem Weinen.
Jetzt, wo sie auf dem Rücken liegt
und ihre Beine sich weit spreizen,
schreit sein Begehren,
zieht seinen Mund herunter,
auf die weit auseinanderklaffenden, entblößten Lippen.
Nicht Sinnsuche hier unten – nein,
der ungezügelte Trieb zu schmecken und auszukosten,
die Säfte der Wollust –
ist schon alles – nichts weiter –;
aber nein doch – es geht weiter, schmeck es!
Die Haut, die weibliche Eigen-Düfte absondert,
gibt der Nase weiteren Drang ein –
zu erforschen, diese –,
mit der Zunge, mit den Lippen, mit der Nase –
und gerade dieses Organ geht voran,
gleitet über jegliche Fläche,
spürt auf, die herrlichen Wölbungen,
weich und reizbar,
so wie die tiefsten und dunkelsten Vertiefungen,
Höhlungen, Höhlen –
die noch viel reizbareren.
Und immer kommen Lippen und Zunge sogleich nach und kosten.
Kosten und schmecken –
sich dennoch niemals satt...