Sehen

Parktreff

Charles Haiku

Sie saß auf der Bank gegenüber dem Ententeich,
Sonnenbrille, knallroter Lippenstift,
Beine übereinandergeschlagen,
als wäre der ganze Park ihr Wartezimmer.

Ich hatte mich eigentlich nur hingesetzt,
weil mein Kaffeebecher noch halbvoll war
und ich keine Lust hatte, schon wieder nach Hause zu gehen.

Sie redete sofort los.
Kein „Hallo“, kein „Darf ich?“,
einfach rein ins Leben.

„Ich verdiene mein Geld mit Blowjobs in Hotelparkhäusern
und manchmal mit dem Arsch im Darkroom“,
sagte sie,
als würde sie erzählen, dass sie bei Aldi an der Kasse sitzt.

„Ist ehrlich, schnell
und die meisten Kerle sind danach so dankbar,
dass sie mir noch zwanzig Euro Trinkgeld in den BH stecken.“

Ich verschluckte mich fast am Milchschaum.

Sie lachte, laut, dreckig, ohne Scham.

Ihre Knie berührten meine,
erst zufällig, dann nicht mehr.
Der Stoff ihrer Jeans war warm von der Sonne.

Sie trank ihren Latte wie andere Leute Wodka,
in einem Zug,
und wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab.

„Und du?“, fragte sie.
„Was machst du, wenn du nicht gerade brave Mädchen wie mich anstarrst?“

Ich stotterte irgendwas von Grafikdesign und Homeoffice.
Sie nickte, als wäre das die langweiligste Antwort der Welt,
was es vermutlich auch war.

Dann stand sie auf,
stellte den leeren Becher auf die Bank
und sah mich an.
Direkt. Ohne zu blinzeln.

„Ich wohne drei Minuten von hier.
Hast du Lust, mitzukommen und mich richtig durchzuficken?
Ich hab heute noch kein einziges Mal richtig abgespritzt,
und du siehst aus, als könntest du das hinbekommen.“

Kein Lächeln, kein Kokettieren.
Einfach ein Angebot.
Wie wenn man fragt, ob man noch ein Stück Kuchen möchte.

Ich stand auf.
Meine Knie waren weich wie Butter,
aber nicht von der Sonne.

Wir gingen schweigend nebeneinander her,
vorbei an Müttern mit Kinderwagen
und Rentnern, die Tauben fütter Uten.

Sie hakte sich nicht ein,
sie berührte mich nicht mehr.
Nur ab und zu streifte ihr Ellbogen meinen Arm,
als wollte sie prüfen, ob ich noch da bin.

In ihrer Wohnung roch es nach Kaffee, Zigaretten
und irgendwas Süßem, das ich nicht einordnen konnte.

Sie zog die Vorhänge zu,
kickte die Schuhe in die Ecke
und drehte sich um.

„Zieh dich aus.
Ich will sehen, womit ich arbeite.“

Ich zog mich aus.

Sie musterte mich wie ein Metzger ein Stück Fleisch,
nickte zufrieden
und verschwand im Schlafzimmer.

Als sie wiederkam,
hatte sie nur noch einen schwarzen String an
und in der Hand eine Tube Gleitgel aus dem Discounter.

„Margarine ist auch gut“, sagte sie grinsend,
„aber die krümelt so hässlich in der Ritze.“

Dann kniete sie sich vor mich,
sah hoch
und sagte leise, fast zärtlich:

„Heute bestimmst du.
Ich hab genug Kerle gehabt, die nur nehmen.
Zeig mir mal, wie ein anständiger Mann vögelt,
wenn ihm niemand zuschaut.“

Und ich tat es.
Ohne Scham, ohne Fragen, ohne das ewige „Darf ich?“.
Einfach, weil sie es wollte.
Weil sie es sagte.
Weil in diesem Moment alles andere egal war.

Als wir fertig waren,
lagen wir nebeneinander, verschwitzt, schwer atmend.

Sie zündete sich eine Zigarette an,
blies den Rauch zur Decke
und sagte:

„Weißt du, was das Beste ist?
Du hast nicht einmal gefragt, ob ich auch komme.
Du hast einfach gemacht, dass ich komme.
Dreimal.“

Dann lachte sie wieder,
dieses dreckige, ehrliche Lachen,
und ich wusste:

Das war kein One-Night-Stand.
Das war ein Anfang.

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