Sehen

rastlose Liebe

Charles Haiku

Als es der Donnerstag war, und die Stunde verglühte im Zwielicht des Morgens,
Hüpfte die rastlose Liebe hinaus, wie ein Vogel, der Süden erträumt,
Ohne noch einmal zurückzublicken, verließ sie das Haus in der Dämmer.
Still schlug die Tür, als der Schritt ihrer Sohlen das Pflaster schon meidend entschwunden,
Kein leises Adieu, kein verhauchtes „Vielleicht“, nicht ein Schatten von späterem Gruß,
Nur das Geräusch ihres Mantels im Wind und der schweigende Raum, der blieb leer.
Sie sprach kein „Auf Wiedersehen“, ließ der Zukunft kein glimmendes Funkenversprechen,
Weder das milde „Ich komme zurück“ noch ein tröstendes „Denk an mich“ klang,
Worte, die einst unser Glück umwoben, verschloss sie im Schloss ihres Schweigens.
Auch ihr Besuch zum gewohnten Café, oder nächtlicher Klang an der Klingel, blieb ungesprochen,
Nein, mit entschlossenem Schritt und dem Hochmut des Herbstes verriegelte sie ihren Pfad,
Strich mir das Herz wie der erste Frost, die verblühenden Rosen im Garten.
Pfeifend, wie Stürme das Dachgerüst rütteln, verwehte sie Spuren in meinem Kalender,
Riss aus den Seiten Erinnerung, tobte im Zimmer, zerknüllte die süßesten Träume,
Sturmhaft ergoss sie den Abschied, ließ Luftsäulen kreisen, und rauschte davon in die Ferne.
Mit einer Miene so finster, der Stirnfalte tief wie die Schlucht einer alternden Fichte,
Traf sie mich wuchtig, ein Aufprall der Seele, als schlüge der Hammer auf spröden Basalt,
Lautlos, doch fühlte ich’s donnern im Mark, im Geäst meiner schwankenden Nerven.
Schulden notierte sie flink auf dem Tisch, hinterließ mir die Berge gestapelter Rechnungen,
Jeder Betrag wie das Pochen der Schuld in den Ohren, ein Fieber aus Zahlen und Fristen,
Trug ihre Liebe davon wie die Sonne den Tau, doch ließ sie die Last ihrer Wolken zurück.
Eine Topfpflanze, den Gummibaum alten Geschlechts, mit vergilbenden Blättern, verschenkte sie gnädig,
Stamm ohne Saft, eine Krone voll Staub, ein Symbol der verflossenen grünen Erinnerung,
Sogar die Erde im Topfe war trocken, wie meine Gedanken nach ihrer abrupten Flucht.
Denn, wie ich Liebe begreife, ist sie ein Tier, das stets einen schützenden Bau sich erträumet,
Wandert von Herz zu Herz, wie von Nest zu Nest, sucht Wärme, so lang bis der Sturm sich legt,
Findet sie sicher ein anderes Dach, doch vielleicht auch den Weg in die Spuren von gestern.
Irgendwann kehrt sie zurück — so flüstert die Nacht — mit den Schuhen der Zukunft, neu funkelnd,
Kleidet sich anders, im Schnitt moderner, im raschelnden Stoff einer kommenden Jahreszeit,
Trägt vielleicht Düfte, die mir unbekannt, doch ruft mir der Wind ihre Schritte voraus.
Blondes Geflecht wird im Schein der Laternen wie Honig herabfließen, hell wie erwünschtes Erbarmen,
Sanft wird es wallen, als wöge die See mein Verlangen in schimmernde goldene Wellen,
Dies ist mein sehnlichster Wunsch: ihre Rückkehr im Licht, das die Dämmerung neu überstrahlet.
Denn ohne sie, so verfalle ich rasch, werd’ ein Hund, der die Fährte verlorener Pfade erschnüffelt,
Kreise verwirrt um den Platz, wo die Schüssel der Hoffnung stand, doch Leere ich finde,
Unglück belagert mein Herz, bis ihr Kommen erneut mich erhebt in die Halme des Sommers.

Zugriffe gesamt: 4