Sehen

Rattenparadies

Luiz Goldberg

In diesem stinkigen Müll,
der nach ranziger Milch riecht,
nach schalem Bier
und dem süßlichen Gestank von vergammeltem Obst,
haben die Ratten ihr Schlaraffenland gefunden.

Hier, zwischen zerfetzten Tüten
und ausgelaufenen Joghurtbechern,
quillt das Fett wie Gleitgel aus den Ritzen.

Es glänzt im Mondlicht
wie billige Vaseline auf schwitzender Haut.

Die fettesten Rattenböcke,
die mit den prallsten Hoden
und den längsten Schwänzen,
regieren dieses Reich.

Sie schieben ihre Schnauzen tief in die fauligen Tiefen,
lecken gierig an verschimmelten Brotresten
und rammeln dabei alles,
was nicht schnell genug auf den nächsten Müllberg flüchtet.

Hier gibt es keine Scham,
kein „Igitt, ich bin doch nicht schwul“.

Hier wird genommen, was kommt –
von vorne, von hinten,
quer, hochkant.

Eine alte Ratte mit nur noch einem Auge
und einem Schwanzstummel
dirigiert das große Fressen.

Sie liegt auf einem verrotteten Pizzakarton,
die Hinterbeine gespreizt,
und lässt sich von drei jungen Böcken gleichzeitig bedienen.

Einer leckt ihr die vergammelte Sahne aus dem Arsch,
der zweite knabbert an ihren Zitzen,
und der dritte schiebt ihr seinen blanken, roten Rattenprügel
bis zum Anschlag rein.

Sie quietscht vor Wonne –
ein Geräusch, das klingt wie eine quietschende Tür in einem Puff.

Und während oben die Menschen sich zieren,
wenn mal ein Finger in die falsche Richtung zeigt,
feiern die Ratten hier ihre rattenscharfe Orgie ohne Tabus.

Keiner schreit „Iiiiih“.
Keiner fragt nach Flutschi-Anal.

Hier ist alles Gleitmittel:
Das Fett, der Schleim, der Eiter aus alten Dosen.

Alles flutscht.
Alles klatscht.
Alles spritzt.

Nur eine Gefahr lauert:
die Bande zerlumpter Bettler,
die nachts mit Stöcken und Taschenlampen kommen,
um den Müll zu durchwühlen.

Dann stellen sich die Ratten geschlossen hin,
Schwanz an Schwanz, Zahn an Zahn,
und verteidigen ihr Paradies.

Denn hier, im Gestank, im Dreck,
im Chaos aus Sperma und Verwesung,
haben sie endlich gefunden,
was die Menschen oben nie kapieren werden:

Echte Freiheit riecht nach Scheiße
– und schmeckt verdammt geil.

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