Sehen

Rollentausch nach Mitternacht

Luiz Goldberg

Gegen Mitternacht
wird aus uns beiden jemand anderes.

Die brave Ehefrau,
die tagsüber noch über Rezepte und Kita-Beiträge redet,
legt plötzlich die Perücke der strengsten Herrin an.

Und ich,
der Kerl, der sonst immer der Aktive sein muss,
spüre, wie mir die Knie weich werden,
sobald sie das Licht dimmt
und das Ledergeschirr aus der Schublade holt.

Dann kommt der Moment,
in dem sie sich den Umschnallpenis anlegt.

Kein billiges Spielzeug aus dem Internet, nein,
eines von diesen teuren Silikonmonstern,
schwer, realistisch,
mit Adern, die sich anfühlen wie echte.

Sie steht vor mir,
die Hüften vorgeschoben,
und grinst dieses Grinsen,
das sagt:
„Heute bestimmst du gar nichts, Schätzchen.“

Ich liege schon auf dem Bauch,
das Kissen unter dem Becken,
die Backen auseinander.

Kein „Darf ich?“ mehr,
kein höfliches „Wollen wir mal probieren?“.

Nur noch ihr leises Kommando:
„Beine breit.“

Und ich gehorche,
weil ich genau das will,
weil ich seit Wochen darauf warte,
dass sie endlich die Rolle übernimmt,
die ich sonst immer spielen muss.

Sie schmiert sich großzügig ein,
richtiges Analgleitgel, dick und kalt.

Dann setzt sie an.
Langsam, aber bestimmt.

Der Druck ist enorm,
ich atme durch, entspanne mich,
und plötzlich gleitet er rein,
Zentimeter für Zentimeter,
bis ich das Gefühl habe,
sie steckt bis zum Anschlag in mir.

Und dann fängt sie an zu stoßen.
Nicht zart, nicht vorsichtig,
sondern wie ein Mann, der seit Monaten keinen mehr hatte.

Hart, rhythmisch,
mit diesem animalischen Grunzen,
das ich sonst nur von mir kenne.

Ihre Hände krallen sich in meine Hüften,
sie zieht mich zurück auf sich,
als wäre ich das willige Luder
und sie der Hengst.

Ich stöhne wie ein Tier.
Meine Prostata explodiert bei jedem Stoß,
der Orgasmus baut sich schon auf,
obwohl sie meinen Schwanz noch nicht einmal angefasst hat.

Sie weiß das.
Sie beugt sich vor,
beißt mir ins Ohrläppchen
und flüstert:
„Du kleine Schlampe gehörst heute mir.“

Und ich nicke nur,
keuche „Ja, bitte, tiefer“,
während sie noch einen Gang zulegt.

Irgendzeit dreht sie mich um,
legt meine Beine über ihre Schultern
und vögelt mich von vorne,
sodass ich ihr ins Gesicht sehen muss.

Ihre Brüste wippen bei jedem Stoß,
Schweiß läuft ihr über den Hals,
und in ihren Augen liegt diese reine, unbändige Geilheit,
die man nur hat,
wenn man endlich mal die Kontrolle abgibt oder übernimmt.

Ich komme, ohne dass sie mich wichst.
Einfach so.

Der Samen schießt in hohen Bögen über meinen Bauch,
während sie weiter in mich hinein hämmert
und mich durch den Orgasmus fickt,
bis ich nur noch zittere
und bettle, dass sie bitte, bitte endlich auch kommt.

Sie kommt kurz darauf,
laut, animalisch,
das ganze Bett wackelt.

Dann zieht sie sich raus,
lässt den Gummischwanz einfach fallen
und kuschelt sich an mich,
plötzlich wieder die zarte Frau,
die mir übers Haar streichelt
und murmelt:
„War das okay für dich?“

Ich kann nur lachen, heiser und fertig.
„Schatz“, sage ich,
„das war das Geilste, was wir je gemacht haben.
Nächstes Wochenende bist du wieder dran.“

Und sie grinst nur,
dieses teuflische, zufriedene Grinsen.

Gegen Mitternacht
sind wir eben beide ein bisschen Mr. und Mrs. Hyde.

Und das ist verdammt gut so.

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