Sehen

Romantik ist männlich

Gernot Schwarm

Ich sitze in der Bar,
nippe an meinem Whiskey,
die Eiswürfel klirren leise im Glas,
während der Jazz im Hintergrund swingt.

Sie setzt sich neben mich,
bestellt einen Martini,
ihr Parfum mischt sich mit dem Rauch der Zigaretten um uns herum.

Kurze Worte wechseln wir zuerst,
über das Wetter, die Musik,
dann wird ihr Blick direkter.

Sie fragt ohne Umschweife:
"Kommst du mit zu mir?
Nur für heute Nacht, nichts weiter."

Ich schüttele den Kopf langsam,
stelle das Glas ab.

"Nein.
Das bin ich nicht, das will ich nicht."

Sie lacht perlend,
denkt, ich spaße nur,
lehnt sich näher.

"Warum denn nicht?
Hast du Angst vor ein bisschen Spaß?"

Ich sehe sie an,
ihre Augen funkeln im schwachen Licht.

"Ich will mehr als Spaß.
Dich richtig halten, dir zuhören,
jeden Tag neu entdecken."

Sie runzelt die Stirn,
nippt an ihrem Drink.

"Das klingt so altmodisch,
wie aus einem alten Film."

Ich nicke, lächle leicht.

"Ja, vielleicht.
Ich würde dich durch den Regen tragen,
deine Gedanken lesen,
dich fest umarmen und lieben –
aber für immer."

Sie lehnt sich zurück,
mustert mich skeptisch.

"Das ist un-männlich,
so anhänglich zu sein."

Ich stehe auf,
lege Geld auf den Tresen.

"Dann passen wir nicht zusammen,
und das ist okay."

Gehe hinaus in die Nacht,
allein,
der Regen prasselt auf meine Jacke.

Denke an sie, an ihr Lachen,
aber bleibe bei mir selbst.

Romantik endet nicht nach einer Nacht,
sie fängt gerade an.

Am nächsten Tag ruft sie an,
ihre Stimme überrascht am Telefon.

"Hast du das gestern ernst gemeint,
mit dem Für-immer-Ding?"

Ja, sage ich,
und wir verabreden uns im Park.

Spazieren stundenlang,
reden über Träume, Ängste, Kindheitserinnerungen.

Kein Druck, keine Eile,
nur wir und die Blätter unter unseren Füßen.

Sie lacht über meine dummen Geschichten,
ich berühre ihre Hand zufällig.

Langsam baut sich etwas auf,
wie ein Feuer, das man nicht hetzt.

Wochen vergehen mit Kaffee-Dates, Spaziergängen,
ersten sanften Küssen.

Kein Hasten ins Bett,
stattdessen Nächte,
in denen wir reden,
bis der Morgen graut.

Ich koche für sie Pasta,
massiere ihre Füße nach einem langen Tag.

Sie flüstert eines Abends:
"Das fühlt sich richtig an,
nicht wie sonst."

Ich halte sie eng,
flüstere zurück:
"Für immer, wenn du willst."

Sie nickt, kuschelt sich ein.

Kein One-Night-Stand,
sondern Liebe, die wächst wie ein Baum.

Eines Abends streiten wir heftig in meiner Küche,
Töpfe klappern.

Sie schreit:
"Du bist zu weich, zu romantisch,
das ist nicht männlich!"

Ich antworte ruhig,
halte ihre Hände:
"Das ist Stärke –
dich zu lieben, ohne je zu fliehen."

Sie weint, fällt mir um den Hals.

"Bleib bei mir, bitte."

Tue ich, wische ihre Tränen weg.

Jahre später sitzen wir immer noch da,
Hand in Hand.

Keine Nacht allein,
nur wir.

Romantik siegt,
weil sie echt ist.

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