Sehen
Rosie, oh Rosie
Schon immer zog mich an, was Frauen in sich tragen,
Ein Rätsel, das mich lockt, seit Kindertagen schon.
Als Knabe lag ich wach in meinem Bett so still,
Und starrte hin zu Rosie, die da friedlich ruht.
Sie war die Tochter unsrer Nachbarin so nah,
Und teilte mir das Lager, weil die Mutter kam.
Zu Besuch bei uns, in jener Nacht so warm,
Doch dachte ich mir nichts, war unschuldig und blind.
Heut' weiß ich's besser, seh' die Wahrheit klar und hell:
Die Mutter lag im Bett bei meinem Vater drin.
Er Witwer, einsam, sie geschieden, frei und wild,
Zwei Seelen suchten Trost in dunkler Leidenschaft.
Während mein Vater seine Spiele mit ihr trieb,
Lag ich da züchtig neben Rosie, rein und scheu.
Und glotzte auf den Hintern, der mich magisch band,
Ein Geheimnis, das ich spürte, ohne es zu nennen.
Ich wusste nicht, wieso er mich so fesselte,
Doch lag da eine Kraft, eine verborgne Glut.
Faszination pur, wie ein Magnet so stark,
Der zog und hielt mich fest in jenem stillen Raum.
Leider kam ich bei Rosie nie zum rechten Zug,
Erst waren wir zu jung, zu kindlich und zu rein.
Dann wurde sie zur Schneeflocke, empfindlich fein,
Die aufschrie, wenn man nur ein Wort zu laut ihr sprach.
Und als sie endlich ins Alter kam, das passte,
War sie nicht mehr da, verschwunden aus der Stadt.
Denn beide zogen fort, in ferne Welten hin,
Und ließen mich zurück mit leeren Händen stehn.
Noch Jahrzehnte später träum' ich von dem Moment,
Von jener Nacht, wo alles begann so unschuldig.
Und frag' mich oft, was aus der Rosie wohl ward,
In welchen Pfaden sie ihr Leben nun durchstreift.
Ein halbes Jahrhundert später, denk' ich nach,
Ist Rosie sicher eine zerknitterte Alte nun.
Mit Falten tief wie Furchen in der Zeit gegraben,
Und Speckröllchen um Hüften, die das Alter formt.
Ich würde mich erschrecken, würd' ich sie so sehn,
Die Jugend verblasst, die Schönheit längst verweht.
Da lob' ich mir die Phantasie, die treue Freundin,
Dort bleibt sie ewig jung, so zart und unberührt.
Mit einem Arsch zum Anbeißen, perfekt und rund,
In Träumen lebt sie fort, unangetastet rein.
Kein Altern frisst sie auf, kein Grau umhüllt ihr Haar,
Sie tanzt in meinem Sinn, wie damals in der Nacht.
Ein Phantom aus der Kindheit, das mich nie verlässt,
Und flüstert mir von Wünschen, die nie erfüllt.
Doch in der Fantasie erblüht sie neu und frisch,
Ein ew'ger Reiz, der pulst in meinem alten Herz.
So halt' ich fest an jenem Bild aus ferner Zeit,
Wo alles möglich schien, und nichts war je verboten.
Die Frauen, sie umgeben mich in Traum und Tag,
Doch Rosie bleibt der Kern, der erste Funke hell.
In moderner Welt, wo alles schnell vergeht,
Bleibt diese Erinnerung wie ein alter Wein.
Reif und intensiv, mit Bitternoten drin,
Doch süß im Nachgeschmack, der ewig haften bleibt.
Ich lächle still, wenn Nacht mich wieder einholt,
Und seh' den Hintern vor mir, magisch und so nah.
Kein Bedauern mehr, nur sanfte Melancholie,
Denn Phantasie besiegt die harte Realität.
So ende ich mit Dank an jene ferne Zeit,
Wo Rosie mich lehrte, was Faszination bedeutet.