Sehen
Schicksal eines Atheisten
I. Die Weissagung
Ich bin Atheist.
Schicksal, Kartenlegen –
Worte, fremd,
wie Rauch, der zerfranst.
Ein Café,
Tische, abgenutzt,
Tassen klirren.
Eine Fremde,
Karten ausgebreitet,
bunt, zerfleddert.
„Du wirst finden“, sprach sie.
Ich lachte,
spöttisch,
die Worte wegwischen,
wie Staub vom Tisch.
Schicksal?
Ein leeres Wort,
wie die Tasse vor mir.
Die Welt dreht sich,
ohne Plan,
Zufall, Chaos.
Doch jetzt,
nach dir,
zweifle ich.
Die Karten,
ihr Echo,
hallen in der Stille.
War es vorherbestimmt?
Ein Faden,
unsichtbar,
zieht mich zu dir.
II. Die Suche
Ich habe gesucht.
Wonach?
Die Straßen,
Asphalt, knirschend,
Laternen flackern.
Die Hoffnung,
ein Schatten,
der sich auflöst.
Morgen für Morgen,
die Augen öffnen,
die Welt: leer.
Die Luft,
nach Regen riechend,
fällt nie.
Fast hatte ich aufgegeben.
Fast.
Die Schuhe schwer,
die Schritte langsam.
Doch ein Funke:
Heute vielleicht.
III. Die Begegnung
Dann lernte ich dich kennen.
Nichts Großes.
Eine U-Bahn-Station,
Neonlichter summen.
Du,
ein Buch in der Hand,
Seiten umgeblättert.
Fast schief gegangen.
Der Zug kam,
Türen öffneten sich,
ein Windstoß.
Ich zögerte.
Ein Schritt zu spät,
du wärst fort.
Ein seidenes Band,
zitternd im Licht.
Hätte ich den Zug genommen,
blind, routiniert,
wir wären Fremde.
Die Bahn quietscht,
fährt ab,
die Welt hält den Atem an.
IV. Der Faden
Es hing an einem Faden.
Dünn,
gesponnen aus Zufall.
Ein Windstoß,
und er hätte gerissen.
Ein Blick,
eine Entscheidung.
Die Welt,
so leer,
und doch:
du, ich,
hier.
Die Straßen,
die ich ging,
führten hierher.
Oder nicht?
Deine Hände,
das Buch haltend,
deine Augen,
in die Ferne.
Ich frage mich:
Schicksal?
V. Der Zweifel
In diesem Moment,
frage ich.
Die Lichter flackern,
die Luft riecht nach Regen.
Schicksal?
Ein Klang,
ein Schatten,
der zerfranst.
Doch du bist hier.
Ich bin hier.
Der Faden hält.
Oder nicht?
Ich lausche,
dem Summen der Stadt,
dem Klirren der Tassen.
Und frage,
immer wieder,
ob es doch Schicksal gibt.