Sehen

Schlagen fürs Schreiben

Charles Haiku

Ich hock in meinem Kabuff,
ein winziges Arbeitszimmer,
Notizbücher zerfleddert wie alte Träume,
Kaffeetassen kalt, die Bohnen längst tot.
Die Seiten vollgekritzelt mit meinen Versen,
doch in mir drin – Leere,
als hätt’ ich den Mumm verloren,
den Biss, den Saft,
alles, was mal brannte.
„Männer, die Gedichte schreiben, sind Memmen“,
hat Max gelacht,
sein Bier in der Hand,
sein Grinsen ein Tritt in die Magengrube.
Seine Worte, die kleben,
die brennen wie billiger Schnaps.
Ich will wieder was spüren,
will stark sein, lebendig,
ein Mann – was auch immer das heißt.

Morgens, nach einer Nacht ohne Schlaf,
die Augen rot, die Seele grau,
schlag ich die Tastatur an.
„Boxstudio in der Nähe“,
meine Finger zittern auf der Maus.
Iron Fist Gym,
eine schmuddelige Halle,
riecht nach Schweiß, Leder,
nach Männern, die nicht reden, sondern schlagen.
Toni, der Trainer,
ein Bulle mit einer Nase wie ein zerknitterter Ledersack,
grinst mich an, Zähne gelb wie alte Zeitungen.
„Bereit, was einzustecken, Frischling?“
Ich nicke,
obwohl mein Magen sich dreht wie ein alter Motor.

Die erste Stunde – ein Massaker.
Meine Deckung ein Witz,
meine Fäuste schlagen Luft,
und ein Haken von einem Typen,
den sie „Bulle“ nennen,
schickt mich auf eine Reise zu den Sternen.
Der Boden hart, mein Schädel weich,
doch als ich heimtaumle,
Gesicht pochend, Blut in der Nase,
fühl ich’s: Ich lebe.
Ich setz mich an den Schreibtisch,
die Finger zittern,
die Worte kommen,
roh, scharf, echt.
Verse über Schmerz,
über Mut,
über das Leben,
das ich mir zurückhol’.
Kein Gelaber, kein Schnickschnack,
nur Wahrheit,
aus den Fäusten gerissen.

Einmal die Woche lass ich mir die Fresse polieren,
wie Toni es nennt,
jeder Schlag ein Befreier,
jeder Blutstropfen ein Gedicht.
Die Notizbücher füllen sich,
meine Stimme wird klar,
meine Worte schneiden wie ein Messer.
In einer kleinen Bar,
die nach Bier und Rauch stinkt,
steh ich eines Abends,
mein Veilchen am Auge wie ein Abzeichen.
Die Menge hängt an meinen Lippen,
die Verse fliegen,
schwer wie Eisen,
leicht wie Rauch.
Max, der Spötter,
sitzt vorn,
klatscht am lautesten,
sein Blick sagt: „Verdammt, du hast’s drauf.“
Ich grinse,
die Lippe aufgeplatzt,
das Herz voll.

Ein paar Schläge,
ein Stift in der Hand,
und ich hab’s zurück –
mein Leben,
mein Feuer,
meinen Biss.
So einfach kann’s sein,
wenn du bereit bist,
einzustecken,
um zu geben.

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