Sehen

Selbsthilfe in der Not

Charles Haiku

Drei Wochen ohne Sex.
Drei verdammte Wochen.

Sie liegt neben mir,
duftet nach Lavendel und moralischer Überlegenheit,
dreht sich weg
und murmelt etwas von „Kopfschmerzen“,
„zu viel Arbeit“
oder dem Klassiker:
„Du bist mir einfach zu pervers geworden.“

Pervers! Ich!
Der Mann, der früher für ein einfaches „Ich hab Lust“
sofort den Champagner kalt gestellt hätte.

Jetzt bin ich plötzlich ein Monster,
weil ich mal vorgeschlagen habe,
das Licht anzulassen
oder – Gott bewahre – von hinten.

Die Eier werden schwerer als Bowlingkugeln,
der Schwanz steht morgens stramm
wie ein preußischer Grenadier
und zeigt vorwurfsvoll zur Decke:
„Wann geht’s endlich wieder los, du Versager?“

Selbst kalt duschen hilft nicht mehr.
Der Druck steigt.

Irgendwann ist der Punkt erreicht,
an dem man entweder fremdgeht,
sich einen runterholt wie ein pubertierender Nerd
oder… improvisiert.

An einem Samstagmorgen war es dann so weit.

Sie war beim Yoga,
um ihren „Körpertempel zu ehren“
(ihre Worte, nicht meine).

Ich stand in der Küche,
starrte auf den Frühstückstisch
und hatte eine Erleuchtung,
die vermutlich nur ein notgeiler Mann in fortgeschrittenem Entzug haben kann.

Da lag es:
ein frisches, noch leicht warmes Kaiserbrötchen.
Goldbraun.
Knusprig.
Und – das ist entscheidend – innen schön weich und hohl.

Ich habe es genommen.
Ohne Reue.

Mit der Präzision eines Chirurgen höhlte ich es aus.
Die Krümel flogen wie Konée bei einer sehr traurigen Party.

Dann zog ich die Hose runter,
setzte mich auf den Küchenstuhl
und führte eine feierliche Vereinigung durch:
Mann und Backware.

Es war… überraschend angenehm.
Warm. Weich.
Ein bisschen krümelig, klar,
aber nach drei Wochen Abstinenz
fühlt sich selbst ein Schwamm wie pure Seide an.

Ich schloss die Augen,
stellte mir vor, es wäre ihre Hand –
oder besser: etwas anderes –
und begann das älteste Ritual der Menschheit.

Es dauerte keine dreißig Sekunden,
bis ich mit einem unterdrückten Stöhnen kam.

Der Höhepunkt war so heftig,
dass ein Spritzer sogar die gegenüberliegende Schranktür traf.

Das Brötchen sah danach aus wie ein Tatort.

Genau in diesem Moment kam sie zurück.

Stand plötzlich in der Tür,
Yogamatte unter dem Arm,
und starrte mich an –
splitternackt von der Hüfte abwärts,
mit einem zerfickten Kaiserbrötchen in der Hand
und einem Gesichtsausdruck,
den man sonst nur bei Leuten sieht,
die gerade einen Unfall mit Todesfolge hatten.

„Was… machst du da?“ fragte sie tonlos.

Ich hielt das Beweisstück hoch wie einen Pokal.

„Siehst du“, sagte ich ruhig,
„du findest mich eklig?
Ich treibe es jetzt schon mit Backwaren.
Das nächste Mal nehme ich vielleicht einen Apfelstrudel.
Oder ein Baguette. Die haben mehr Standfestigkeit.“

Sie wurde kreidebleich,
dann knallrot,
dann stürmte sie wortlos aus der Küche.

Ich hörte, wie oben eine Tür knallte.

Seitdem schläft sie im Gästezimmer
und spricht nur noch das Nötigste mit mir.

Aber wisst ihr was?
Seit diesem Tag lässt sie mich wieder ran.

Nicht aus Liebe.
Nicht aus Lust.
Sondern aus blanker Angst,
dass ich sonst demnächst mit dem Croissant anfange
oder – schlimmer – mit ihrem geliebten Bio-Vollkornbrot.

Manchmal braucht es eben nur einen kleinen Notbehelf,
um zu zeigen,
wer hier wirklich das Monster ist.

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