Sehen

Sex-Shop

Charles Haiku

Die Neonröhren summen,
ein dünnes Lied, grell und kalt,
über Regalen im Sex-Shop hier,
wo Schachteln leuchten, bunt wie Konfetti,
versprechen Nächte, die niemand erzählt.
Zwei Mädchen, kaum achtzehn,
stehen kichernd vor der Wand,
ihre Ellbogen stoßen sacht,
wie Wellen, die ans Ufer schlagen.
Sneaker quietschen auf Linoleum,
ein heller Ton, ein Schaben,
als wollten sie den Boden markieren.
Ihre Stimmen, halblaut,
flüstern von Farben, Formen,
von Geheimnissen in glänzender Folie.

Ein Mann, weißhaarig, schmal,
die Brille tief auf der Nase,
beugt sich in einer Ecke,
blättert durch ein Porno-Magazin.
Hochglanzseiten, voll von Posen,
seine Finger zögern,
als wüssten sie, dass er nicht kauft.
Sein Blick, ein kurzes Flackern,
streift die Mädchen,
kehrt zurück zu den glänzenden Bildern,
wie ein Vogel, der nicht landen will.
Die Seiten knistern, ein leises Echo.

Die Verkäuferin lehnt am Tresen,
ihr Gesicht vertrocknet,
Lippen ein Strich, scharf wie ein Messer.
Man sieht sie vor einer Fleischtheke,
Wurst in Scheiben schneidend,
nicht hier, zwischen Silikon, Leder,
und Versprechen von grenzenloser Geilheit.
Ihre Augen gleiten über den Raum,
sehen nichts, registrieren alles,
ein Scanner, kalt, mechanisch.
Ihr Atem geht flach,
als wäre die Luft zu schwer.

Aus den Kabinen, leer und dunkel,
dringt Stöhnen, gedämpft,
wie ein Radio, das niemand abstellt.
Ein Film läuft, Stöhnen und Flüstern,
mischt sich mit dem Summen,
mit dem Quietschen,
mit dem Rascheln der Magazinseiten.
Die Luft, schwer von Plastik,
Desinfektionsmittel,
hängt wie ein Vorhang,
den niemand hebt.
Ein Hauch von Parfüm, süßlich,
schleicht sich in die Nase,
verblasst sofort.

Ein Ventilator surrt,
nutzlos in der Ecke,
schiebt die stickige Luft,
von hier nach dort,
von dort nach hier.
Niemand spricht laut.
Die Mädchen kichern,
greifen nach einer Schachtel,
drehen sie, lesen die Versprechen,
legen sie zurück,
als wäre es ein Spiel, kein Kauf.
Ihre Finger tanzen über die Regale,
zögern, greifen, lassen los.

Der Mann blättert weiter,
Seite um Seite,
ein leises Knistern,
wie Herbstlaub unter Schuhen.
Die Verkäuferin wartet,
reglos, ein Schatten am Tresen.
Die Neonröhren summen,
Das Sex-Shop-Universum atmet leise,
die Zeit dehnt sich,
wie ein Gummiband,
das niemand zieht.
Die Welt draußen bleibt fern,
hinter der Tür,
hinter dem Neonlicht,
hinter dem Summen.

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