Sehen
Torten-Date
Es war ein warmer Nachmittag,
so einer, bei dem die Sonne gnadenlos
auf die Cafétische knallt
und der Duft von frischem Kuchen
die Luft schwängert
wie ein Versprechen auf Süßes.
Er saß da,
der arme Tropf,
und starrte auf sein Handy.
Das Bild, das sie ihm geschickt hatte,
zeigte eine schlanke Frau mit glattem Haar,
die lächelte,
als wäre sie ewig jung und makellos.
Ein digitales Meisterwerk,
retuschiert bis zur Unkenntlichkeit.
Aber jetzt,
leibhaftig gegenüber von ihm,
sah sie älter aus,
mit Falten um die Augen,
die wie Landkarten vergangener Enttäuschungen wirkten.
Und dünner?
Fehlanzeige.
Keine Spur von den Speckrollen,
die sich unter ihrem Shirt abzeichneten,
als wollte ihr Körper rebellieren
gegen die Photoshop-Illusion.
Er rührte in seinem Kaffee,
nippte langsam,
als könnte er damit die Zeit dehnen.
„Schönes Wetter heute“,
murmelte er neutral,
wie ein Wetterfrosch auf Autopilot.
Sie nickte eifrig,
redete von ihrem Job –
irgendwas mit Marketing,
wo man Illusionen verkauft,
passend zum Thema.
Sie lachte zu laut,
zu künstlich,
als wollte sie die Stille übertönen.
Seine Augen wanderten unwillkürlich
über ihren Bauch,
diese weichen Wülste,
die sich bei jeder Bewegung verschoben
wie Wellen in einem unruhigen Meer.
Kein Funke sprang über.
Kein Appetit auf mehr,
keine Lust,
die Finger über diese Kurven gleiten zu lassen.
Stattdessen dachte er:
„Warum lügen Fotos so schamlos?“
In der Realität war sie keine Sirene,
sondern eine ganz normale Frau,
mit all den Makeln,
die das Leben so mit sich bringt.
Und er?
Er war ein Feigling,
der sich von Pixeln täuschen ließ.
Der Kaffee wurde kalt,
bitter wie die Erkenntnis.
Er bestellte nichts weiter,
zahlte die Rechnung mit Karte –
kontaktlos,
wie ihre Begegnung.
„War nett“,
murmelte er,
stand auf und verschwand.
Draußen atmete er tief durch,
stieg in sein Auto
und fuhr weg.
Schnell, ohne zurückzublicken.
Wahrscheinlich scrollte er schon
auf der nächsten App
nach dem nächsten Filter-Gesicht.
Sie blieb sitzen,
starrte auf die leere Tasse.
Frustration kroch hoch,
heiß und bitter,
wie ein alter Bekannter.
Der Kellner kam,
mit diesem mitleidigen Blick,
den sie hasste.
„Zwei Stücke Schokoladentorte“,
bestellte sie trotzig.
„Mit extra Sahne.“
Die Portionen kamen,
groß und cremig,
ein Berg aus Kalorien und Trost.
Sie aß langsam,
löffelte die Sahne,
ließ sie schmelzen auf der Zunge.
Der Süße half nicht viel,
aber es war besser als nichts.
Draußen wurde es dunkel,
und mit jedem Bissen wuchs die Resignation.
Warum immer sie?
Warum immer die Enttäuschung
in den Augen der Männer,
die dachten,
sie bekämen ein Model
und nicht eine Frau mit Geschichte.