Sehen
Um den Schlaf gebracht
Es vibrierte überall.
Der Rhythmus der Nachbarwohnung
fraß sich durch Wände und Decken,
ein dumpfes Pochen,
das meine Matratze in mikroskopische Schwingungen versetzte.
Ich starrte an die Decke,
wo Schatten tanzten,
als ob sie zur Musik gehörten.
Draußen feierten sie,
ohne mich.
Warum auch?
Ich war der Typ,
der um zehn Uhr schon im Bett lag,
mit einem Stapel Rechnungen als Kissen.
Ich tastete nach der Schublade.
Da lag sie,
die kleine weiße Pille,
versprechend Frieden.
Mund auf,
runter damit.
Schluck.
Wartete.
Nichts.
Stattdessen pochte es lauter,
als wollte es mich verspotten.
Ich drehte mich um,
zog die Decke über den Kopf.
Vergeblich.
Dann der Gedanke:
Das Finanzamt.
Die offene Mahnung auf dem Tisch,
Zahlen in Rot,
die mich anstarrten.
Wie ein unsichtbarer Hammer,
der auf meinen Schädel einschlug.
Ich setzte mich auf,
schaltete das Licht an.
Der Brief lag da,
faltenlos,
bedrohlich.
Ich knüllte ihn zusammen,
warf ihn in die Ecke.
Half nichts.
Der Bass dröhnte weiter,
mischte sich mit den Zahlen in meinem Kopf.
Durst.
Oder war es Frust?
Ich stolperte in die Küche,
griff nach der Flasche.
Billiger Fusel aus dem Supermarkt die Ecke,
der brannte wie Feuer.
Mund auf,
kippen.
Ein Schwall,
dann zwei.
Wärme breitete sich aus,
aber kein Schlaf.
Stattdessen drehte sich der Raum.
Ich torkelte zum Bad,
kniete mich hin.
Der Magen rebellierte.
Würgen,
Spucken.
Alles kam hoch,
sauer und bitter.
Ein scheiß Geschmack, ein Scheiß Gefühl.
Blass wie ein Gespenst
hing ich da,
starrte ins Porzellan.
Der Strudel des Wassers
zog mich fast rein,
als ob er mich verschlingen wollte.
Zurück ins Bett.
Der Bass pochte immer noch,
die Mahnung lauerte,
der Fusel rumorte.
Ich lachte leise,
bitter.
Eine Nacht wie ein Karussell,
das nicht anhielt.
Morgen würde ich zahlen,
schlafen,
leben.
Aber jetzt?
Nur das Vibrieren,
endlos.