Sehen
Was für eine Flasche
Der Raum war ein enges Loch
in einem alten Berliner Altbau,
die Luft dick von Zigarettenqualm
und dem Summen des Kühlschranks,
der in der Ecke vor sich hin röchelte.
Poster von alten Bands klebten schief an den Wänden,
ein Chaos aus leeren Flaschen auf dem Tisch.
Der Bildschirm warf ein kaltes blaues Licht
auf sein Gesicht –
bleich, konzentriert,
die Augen rot vom Starren.
Er tippte hektisch,
Finger wie Maschinenpistolen auf der Tastatur,
murmelte etwas von einem verdammten Bug im Code.
Es war seine Wohnung, sein Revier,
sein verdammter Computer,
den er da hütete wie einen Schatz,
anstelle seiner Freundin.
Sie saß auf dem Tisch,
Beine baumelnd,
Rock hochgerutscht,
gerade genug, um aufzufallen.
Diese Tusse –
nennen wir sie Lena, oder wie auch immer –
lachte zu laut,
warf den Kopf zurück,
dass ihre Haare flogen.
Eddie, dieser Schleimer
mit dem Grinsen, das immer zu breit war,
lehnte sich näher.
Seine Hand streifte ihren Arm,
verweilte, wanderte tiefer.
Vor den Augen ihres Mackers.
Der Kerl hockte da,
keine Spur von Mumm, keine Reaktion.
Er schlug nicht mit der Faust auf den Tisch –
nein, der Tisch war ja besetzt,
fast schon ihr Bett.
Eddie flüsterte etwas,
sie kicherte,
berührte seine Brust, zog ihn ran.
Ich hockte in der Ecke
auf einem wackeligen Stuhl,
nippte an einem lauwarmen Bier aus der Flasche.
Die Flasche vor dem Herrn,
dachte ich bitter,
während ich zusah.
Der Rauch hing in Schwaden,
die Musik aus den Boxen dröhnte leise,
ein alter Rock-Song, der alles übertönte.
Sie flirtete offen,
ihre Hand auf Eddies Oberschenkel,
glitt höher, unter den Stoff.
Eddie grinste triumphierend,
zog sie enger,
seine Finger verschwanden unter ihrem Rocksaum.
Sie stöhnte leise,
ein spöttisches Geräusch,
das durch den Raum schnitt.
Ihr Freund?
Der tippte weiter,
scrollte durch Zeilen,
fluchte stumm über einen Fehler im Skript.
Ignorierte es komplett,
als gäbe es keine Grenzen, keine Ehre, nichts.
Der Druck in mir wuchs,
wie eine Flasche, die zu fest geschüttelt wird.
Warum stand er nicht auf?
Warum brüllte er nicht,
warf Eddie raus,
oder wenigstens die Flasche?
Stattdessen hämmerte er auf Tasten,
als könnte Code die Welt retten.
Sie lehnte sich zurück,
Beine gespreizt,
Eddie dazwischen,
fast schon drauf und dran.
Ihre Blicke trafen sich nicht mal –
sie warf ihm einen herausfordernden zu,
er nickte abwesend,
vertieft in seine digitale Blase.
Ich konnte es nicht mehr ertragen.
Der Stuhl quietschte laut,
als ich aufsprang.
Die Flasche knallte auf den Tisch,
Bier schwappte über.
Sie bemerkten mich kaum,
vertieft in ihr Spiel,
Eddies Hand jetzt tief drin,
ihr Stöhnen lauter.
Ich drehte mich um,
stolperte zur Tür, riss sie auf.
Die Nachtluft schlug mir entgegen,
kühl und befreiend,
der Lärm der Stadt fern.
Schritte hallten auf dem Treppenhaus,
ich stürmte hinunter,
bog um die Ecke in die Dunkelheit.
Die Szene klebte fest in meinem Kopf –
ihre Berührungen, seine Passivität,
die Flasche, die ich zurückließ.
Warum blieb er sitzen?
Ich verschwand in der Nacht,
die Wut für jemand anderen brodelnd,
aber frei.