Sehen
wenn es ernst wird
Manchmal,
ja, manchmal erwischt es selbst mich.
Diesen einen verdammten Moment,
wo der Schwanz plötzlich nicht mehr das Kommando hat,
sondern etwas anderes,
etwas, das sich Herz nennt
und sich anfühlt wie ein defekter Wecker,
der um vier Uhr morgens losschrillt.
Dann renne ich durch die Stadt,
als wäre ich fünfzehn
und hätte gerade meine erste Erektion
vor der ganzen Klasse verstecken müssen.
Ich bleibe vor Schaufenstern stehen.
Nicht vor den üblichen Verdächtigen
mit roten Laternen und Dildos in Regenbogenfarben,
nein,
vor denen mit Kinderwagen.
Große, teure Karren
mit Federung wie ein Porsche
und Sonnensegeln,
die aussehen, als könnten sie einen Hurrikan abhalten.
Ich stelle mir vor,
wie ich da reinpasse,
ich,
der Typ, der sonst nur in Puffs passt,
wo man mit Scheinen wedelt
und mit einem „Danke, war schön“ wieder rausgeht.
In dem Moment beschließe ich,
es nicht zu verkacken.
Diesmal nicht.
Diesmal werde ich seriös.
Anständig.
Vielleicht sogar treu.
Ich sehe mich schon mit Ring am Finger,
mit einer Frau, die morgens Kaffee kocht,
ohne dabei genervt zu gucken,
weil ich wieder bis sechs im Puff war.
Ich sehe Kinder.
Kleine, laute, klebrige Kinder,
die „Papa“ schreien
und mich mit Nutella-Schlieren umarmen.
Ich sehe ein Haus.
Mit Garten.
Und einem Hund,
der nicht bellt, wenn ich betrunken nach Hause komme.
Ich weiß, es wird ernst.
Weil mein Schwanz plötzlich schweigt.
Weil ich nicht mehr an Titten denke,
sondern daran,
wie sich ein Kinderwagen anfühlt, wenn man ihn schiebt.
Weil ich mir plötzlich wünsche,
dass jemand meine Socken paarweise in die Waschmaschine steckt,
ohne dass ich dafür zahlen muss.
Und genau in diesem Moment,
wo ich fast schon bereit bin,
beim Juwelier vorbeizugehen
und mir Ringe anzugucken,
die nicht aus Silikon sind,
genau da sehe ich sie.
Eine andere.
Mit Arsch wie ein Versprechen
und Augen, die sagen:
„Komm her, ich mach’s dir auch ohne Rechnung.“
Und der Vorsatz?
Der hält ungefähr so lange
wie ein Kondom aus Papiertaschentuch.
Aber hey,
wenigstens hab ich’s versucht.
Nächstes Mal vielleicht.
Nächstes Mal wird’s ernst.