Sehen

Wenn es nach mir ginge

Chris Jahoda

Wenn’s nach mir ging,
wäre Analverkehr Pflichtfach in der Oberstufe,
neben Mathematik und Biologie..
Prüfungsstoff: Prostata-Massage mit Auszeichnung.
Und die Noten würden nicht in Prozent,
sondern in Orgasmen pro Minute vergeben.
Jawohl, Frau Lehrerin.
Ach, und diese dürften nur in zu engen Jeans
und T-Shirts unterrichten.

Wenn’s nach mir ging,
würde jede Frau morgens mit einem Klaps auf den Po
und der Frage geweckt:
„Schatz, vorne oder hinten?“
Und kein „Nicht heute“,
sondern nur ein verschlafenes Grunzen
und das wohlige Aufbäunen der Hinterbacken
wie einladende Kissen im 5-Sterne-Hotel.

Wenn’s nach mir ging,
läge auf jedem Frühstückstisch
neben Marmelade und Nutella
eine Schale mit Kokosfett,
extra cremig,
mit der Aufschrift:
„Für Brot – und für den Rest.“
Und niemand würde rot werden,
wenn die Großmutter fragt:
„Kindchen, reichst du mir mal die Gleitmargarine?“

Wenn’s nach mir ging,
würde der Papst in seiner Weihnachtsansprache sagen:
„Und vergesset nicht, liebe Kinder:
der Herr hat euch zwei Löcher gegeben,
damit ihr doppelt segnen könnt.“
Und die Kardinale würden nicken,
während sie es schon immer wussten.

Wenn’s nach mir ging,
würde kein Mann mehr schreien „Ich bin nicht schwul!“,
nur weil ein Finger seine Prostata streichelt.
Stattdessen würde er stöhnen:
„Noch tiefer, Liebling,
ich spüre schon den Heiligen Geist!“

Wenn’s nach mir ging,
wäre jeder Orgasmus ein kleiner Weltfrieden,
jeder Samenerguss ein Friedensvertrag,
und das Kopfkissen danach
das Schlachtfeld der Glückseligkeit.

Aber es geht ja nicht nach mir.
Und deshalb sitze ich hier,
mit meinem Kokosfett im Kühlschrank,
meiner Prostata im Stand-by-Modus
und warte darauf,
dass endlich jemand fragt:
„Hast du heute schon gesündigt?“

Und ich antworte:
„Noch nicht.
Aber ich hätte Lust.“

Ach, wenn’s doch nur nach mir ginge.

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